„Nachhaltige Anlagen 2023“» von Swiss Sustainable Finance

Wie die aktuelle Marktstudie von Swiss Sustainable Finance (SSF) zeigt, sank das Volumen nachhaltigkeitsbezogener Anlagen in der Schweiz im Berichtsjahr 2022 um 19 Prozent auf 1.610 Milliarden CHF.

Der Rückgang ist im Wesentlichen auf eine negative Performance des Gesamtmarkts von rund 18 Prozent sowie auf eine vorsichtigere Auslegung von nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen durch die Studienteilnehmer zurückzuführen. Thematische Anlagen und Impact Investments haben der Marktdynamik getrotzt und zeigen starkes Wachstum. Die diesjährige Studie beleuchtet die Marktvolumen erstmals aus unterschiedlichen Perspektiven und legt dabei einen Fokus auf wirkungsorientierte Anlagen. Es zeigt sich, dass generell mehr Transparenz zum Nachhaltigkeitsansatz und zur Zielerreichung gefragt ist.
Nach jahrelangen zweistelligen Wachstumsraten verzeichnen Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug im Jahr 2022 einen Rückgang des Volumens um 19 Prozent auf 1.610 Milliarden CHF.

„Auch nachhaltigkeitsbezogene Anlagen vermochten sich den Bärenmärkten nicht zu entziehen. Neben der negativen Marktperformance haben sich aber auch eine engere Auslegung durch die Studienteilnehmer sowie methodische Änderungen auf die Volumina ausgewirkt. Trotz dieser Einflüsse konnten Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug auch im vergangenen Jahr Zuflüsse verzeichnen“, erklärt Sabine Döbeli, CEO von SSF die Entwicklung. Praktisch unverändert ist der Anteil entsprechender Fonds am gesamten Schweizer Fondsmarkt: Er beläuft sich auf 52 Prozent, womit immer noch rund die Hälfte aller Fondsinvestments Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen.

Verschiedene Perspektiven auf nachhaltigkeitsbezogene Anlagen

Die aktuelle Studie beleuchtet das Gesamtvolumen von Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug in diesem Jahr aus drei verschiedenen Perspektiven. Wie bereits in früheren Studien wird als erstes die Kombination verschiedener nachhaltiger Anlageansätze (z.B. Ausschlüsse, Best-in-Class) aufgezeigt, was Aufschluss über die Differenziertheit im Management von Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug gibt.
Etwa zwei Drittel des Gesamtvolumens basieren auf einer Kombination von drei oder mehr Ansätzen. Damit spiegelt die Mehrheit der Anlagen mit Nachhaltigkeitsbezug den Anspruch wider, unterschiedliche Ziele von Investoren, von der Ausrichtung auf Werte, über finanzielle Ziele bis hin zu einem Beitrag zu einer positiver Wirkung, zu berücksichtigen. Als zweite Perspektive wird die Definition der Selbstregulierung der Asset Management Association Switzerland (AMAS) herangezogen. Ein Gesamtvolumen von 1.38o Milliarden CHF und damit 85 Prozent des erhobenen Marktvolumens wird auf dieser Basis als nachhaltig definiert. Dies entspricht allen Anlagen, die über die reine Anwendung von Ausschlusskriterien oder die alleinige ESG-Integration hinausgehen. Die dritte Perspektive bezieht sich auf ein Eurosif-Whitepaper und wird weiter unten erläutert.

Neuer Ansatz im Markt verankert: Klima-Ausrichtung

Zwei nachhaltige Anlageansätze haben trotz der schlechten Marktentwicklung im Berichtsjahr 2022 deutlich an Volumen gewonnen: Nachhaltige thematische Investitionen haben um 86 Prozent und das Impact Investing um 80 Prozent zugelegt, was eine zunehmende Nachfrage der Anleger nach wirkungsorientierten Ansätze widerspiegelt. Erstmals wurden in der diesjährigen Studie Daten zum
Ansatz der Klima-Ausrichtung erhoben, der sich auf die Reduzierung des CO2-Fussabdrucks eines Portfolios gemäss Vorgaben der Pariser Klimaziele konzentriert. Mit 375 Milliarden CHF, also rund 20  Prozent der gesamten nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen, ist dieser Ansatz auf dem Schweizer Markt bereits gut etabliert.

Pilot auf der Grundlage eines Eurosif-Whitepapers

Eurosif, paneuropäischer Verband zur Förderung des nachhaltigen Finanzwesens auf europäischer Ebene zu dessen Mitgliedern SSF zählt, hat im vergangenen Jahr ein Whitepaper zu einer neuen Klassifizierung nachhaltigkeitsbezogener Anlagen verfasst, um zur intensiven Diskussion um die Definition „nachhaltiger Anlagen“ beizutragen. Im Rahmen der „Schweizer Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2023“ hat SSF in einem Pilotversuch diese Klassifizierung getestet. Hierfür wurden Investitionen nach ihrem Hauptziel und ihrem Ambitionsniveau bezüglich eines Beitrags zur Transition in eine nachhaltige Welt klassifiziert. 35 Prozent aller nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen fallen in eine der drei ambitionierteren Kategorien, wobei 21 Prozent einen Bezug zu Wirkung haben, sei es, dass sie gezielt in Unternehmen investieren, die eine positive Wirkung haben, oder dass sie durch eine aktive Förderung von wirkungsbezogenen Tätigkeiten direkt dazu beitragen.

Mit 52 Prozent entfällt der grösste Anteil der Anlagen auf den Bereich „Basic ESG“, der als wenig ambitioniert gilt, wenn es darum geht, zu einem nachhaltigen Wandel beizutragen. Ein genauerer Blick auf diese Volumina zeigt jedoch, dass ein grosser Teil dieser Anlagen, nämlich rund 60 Prozent, einer ambitionierteren Kategorie zugeteilt werden könnte, sofern die Nachhaltigkeitsleistung gemessen und ausgewiesen würde. „Eine  erhöhte Transparenz zu nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen ist der zentrale Ansatzpunkt für die Schaffung von mehr Anlegervertrauen und die Stärkung des Schweizer Finanzmarkts“, erklärt Professor Timo Busch, Uni Hamburg, Co-Autor der Studie.

Sustainable Investment-Ansätze über alle Anlageklassen hinweg

Einmal mehr zeigt sich, dass Nachhaltigkeitsansätze in sämtlichen Anlageklassen zur Anwendung kommen, und zwar sowohl bei den grossen Anlageklassen als auch bei alternativen Anlagen. Die wichtigsten Anlageklassen Aktien, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen und Immobilien weisen allerdings allesamt einen Rückgang der Volumina analog zur  Gesamtmarktentwicklung auf. Zusammen vereinen diese Anlageklassen rund 78 Prozent des Gesamtvolumens. Alle anderen Anlageklassen sind deutlich kleiner, wobei Private Equity, Infrastruktur und Hypotheken absolute Zuwächse verzeichneten.

Dynamische regulatorische Entwicklung

Im vergangenen Jahr hat der Schweizer Regulator (Parlament, Bundesrat, FINMA) seine Aktivitäten im Bereich nachhaltige Finanzen intensiviert. Dasselbe gilt für die Finanzverbände im Bereich des Soft Law.
Weiterführende, prinzipienbasierte Regelungen für alle Bereiche des Finanzsektors würden den Anlegerschutz genauso stärken, wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Reputation des Schweizer Finanzplatzes und könnten auch zu einer klareren Definition der Begriffe beitragen.
In der EU stellt die Komplexität des Regelwerks zu Sustainable Finance die Anbieter vor große Herausforderungen bei der Erfüllung der Offenlegungs- und Berichterstattungspflichten. Trotzdem haben die Regulierungen ein starkes Signal an den Markt gesendet, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen, und eine kontinuierliche Erhöhung der Transparenz gefördert.

Die vollständige Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2023“ von Swiss Sustainable Finance (SSF) findet sich hier.