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Nachhaltige Anleihen – grün, aber zunehmend vielfältig (Teil 3)

Auch am Anleihemarkt entwickelt sich ein nachhaltiges Segment, zu dem grüne, soziale, Nachhaltigkeits-, an Nachhaltigkeitsziele gekoppelte Anleihen und TransitionBonds gehören.

Mit einem Volumen von rund eine Billionen US-Dollar lag der Anteil von nachhaltigen Anleihen an den gesamten Anleiheemissionen im Jahr 2021 bei rund elf Prozent. Nach wie vor machen solche Papiere jedoch nicht einmal zwei Prozent des gesamten Anleihe-Umlaufvolumens aus. Die meisten nachhaltigen Anleihen entsprechen freiwilligen Standards wie den „Sustainable Bond Principles“ der International Capital Market Association (ICMA). Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang der Markt den vorgeschlagenen, freiwilligen EU-Standard für grüne Anleihen akzeptiert.

Grüne Anleihen.

Mit einem Emissionsvolumen von rund 500 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 sind grüne Anleihen wohl die bekanntesten nachhaltigen Anleihen.

Sie sind ähnlich strukturiert wie traditionelle Anleihen, enthalten allerdings eine Klausel, der zufolge die Emissionseinnahmen für grüne Investitionen zu verwenden sind. 2021 flossen knapp 80 Prozent der Mittel aus grünen Anleihen in Projekte aus den Bereichen erneuerbare Energien, grüne Gebäude, sauberer Transport und Energieeffizienz.10 Die Offenlegung der Verwendung der Emissionseinnahmen, häufig gekoppelt mit einer externen Beurteilung, steigert das Vertrauen in grüne Anleihen als nachhaltiges Finanzierungsinstrument.

Europa, wo die ökologische Wende zunehmend an Bedeutung gewinnt, hat sich zur dominanten Emissionsregion entwickelt; 2021 wurden dort 56 Prozent des Gesamtvolumens platziert. Das rasche Wachstum des Marktes für grüne Anleihen beruht nicht zuletzt auf dem hohen Interesse von Finanzinstituten und nichtfinanziellen Unternehmen. Sie begaben 2021 über die Hälfte aller neuen grünen Anleihen.

Emittenten von grünen Anleihen verfügen tendenziell über eine gute Bonität und hätten ihre „grünen Vorhaben“ zu insgesamt vergleichbaren Kosten auch über traditionelle Anleihen finanzieren können. Betrachtet man nur die reinen Finanzierungskosten, so deuten Studien auf die Existenz eines „Greeniums“ hin, d.h. die Kapitalkosten für den Emittenten sind niedriger, wenn er eine grüne statt einer konventionellen Anleihe begibt. Dieser Kostenunterschied ist vor allem auf die große Nachfrage nach grünen Anleihen zurückzuführen. Allerdings fallen für die Emittenten von grünen Anleihen neben den möglicherweise niedrigeren Finanzierungskosten zusätzliche Kosten für das Monitoring, die Berichterstattung und externe Beurteilungen an.

Es ist daher nicht zu erwarten, dass grüne Anleihen Kapital in grüne Technologien oder Projekte lenken, die unter Kostengesichtspunkten noch nicht wettbewerbsfähig sind. Ihr Mehrwert liegt vielmehr darin, dass Mittel speziell für grüne Investitionen bereitgestellt werden, sodass sowohl Emittenten als auch Anleger ihr Engagement für Nachhaltigkeitsziele unter Beweis stellen

Können.

Soziale und Nachhaltigkeits-Anleihen (Sustainability Bonds) funktionieren ähnlich wie grüne Anleihen.

Die Einnahmen aus sozialen Anleihen werden für soziale Zwecke verwendet. Durch die Finanzierung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erhielten solche Anleihen vor allem in Europa einen Schub. Nachhaltigkeits-Anleihen kombinieren Elemente von grünen und sozialen Anleihen. Sie sind vor allem in Nordamerika beliebt. Obwohl 2021 die meisten Nachhaltigkeits-Anleihen vom öffentlichen Sektor und supranationalen Organisationen begeben wurden, könnten sie künftig auch bei privaten Unternehmen an Boden gewinnen.

An Nachhaltigkeitsziele gekoppelte Anleihen (Sustainability-Linked Bonds).

Im Gegensatz zu grünen Anleihen sind die Einnahmen aus der Emission solcher Papiere nicht an ein spezifisches Projekt gebunden, sondern der Emittent sagt das Erreichen eines Nachhaltigkeitsziels zu. Meistens handelt es sich dabei um die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Dabei kommt ein Bonus-Malus-Mechanismus zum Tragen: In der Regel muss der Emittent höhere Kupons zahlen, wenn er das Ziel verfehlt. Sustainability-Linked Bonds sind für Unternehmen attraktiv, die zwar ihre eigene ökologische Wende eingeleitet haben, aber nicht über ein größeres grünes Projekt verfügen, das sie durch eine grüne Anleihe finanzieren könnten. Mit der Einführung der ICMA-Prinzipien für Sustainability-Linked Bonds im Juni 2020 und der Entscheidung der EZB, sie als Sicherheiten zu akzeptieren, wurde der Weg für Emissionen im großen Stil frei. So stieg ihr Emissionsvolumen 2021 auf über EUR 100 Mrd. an. Platziert wurden sie nahezu ausschließlich von nichtfinanziellen Unternehmen aus verschiedenen, zumeist energieintensiven Sektoren. Sustainability-Linked Bonds gelten als Wachstumsbereich.

Einige Punkte lassen die Anleger jedoch noch zögern: Es ist nicht klar, ob diese Anleiheform Unternehmen einen hinreichenden Anreiz bietet, sich nachhaltig zu verhalten, zumal die Kuponerhöhung meistens ziemlich moderat ist (in der Regel 25 Bp.). Darüber hinaus ist es schwierig, relevante,messbare, ehrgeizige (mit dem Pariser Abkommen in Einklang stehende) und gleichzeitig erreichbare Ziele festzulegen.

Transition Bonds.

Diese neuartigen ESG-Anleihen sollen ebenfalls Unternehmen mit hohen Emissionen beim Übergang zu grüneren Tätigkeiten oder Produktionsmethoden unterstützen. Seit der ersten Platzierung im Jahr 2017 sind bis Ende 2021 nur wenige Emissionen mit einem Gesamtvolumen von sieben Milliarden US-Dollar erfolgt. Manche Beobachter sehen großes Potenzial, andere halten das Label Transition Bonds für überflüssig und nicht klar genug definiert. Bisher können sich solche Anleihen auf das ICMA „Climate Transition Finance Handbuch“ aus dem Jahr 2020 stützen. Für die Emittenten kommt es darauf an, konkrete und glaubwürdige Dekarbonisierungspfade vorzulegen, die dem Pariser Abkommen entsprechen.

Neben nachhaltigen Anleihen gibt es auch nachhaltige Kredite, die ein geringeres, aber immer noch beträchtliches Volumen haben. Sie werden ähnlich wie die Anleihen als grüne oder an Nachhaltigkeitsziele gekoppelte Kredite kategorisiert. Im Jahr 2021 wurden nachhaltige Kredite in Höhe von rund 400 Milliarden US-Dollar vergeben.

Hoher Inflationsdruck und geopolitische Konflikte führen zu vorübergehender Verlangsamung. Wie der Markt insgesamt hat auch Sustainable Finance mit Gegenwind durch den hohen Inflationsdruck, die geldpolitische Straffung der Zentralbanken (Zinserhöhungen, Beendigung von Anleihekaufprogrammen) und die zunehmende Unsicherheit wegen des Krieges in der Ukraine zu kämpfen. Am Markt für nachhaltige Anleihen setzte die Verlangsamung bereits in H2 2021ein, nachdem in H1 noch rekordhohe Emissionen von 542 Milliarden US-Dollar verzeichnet worden waren. In der ersten Hälfte des laufenden Jahres ging das Emissionsvolumen weiter zurück auf 440 Milliarden US-Dollar (-19% ggü. Vj.,), wobei sich grüne Anleihen relativ gut hielten. Gleichzeitig haben sich die Zuflüsse in ESG-Fonds im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert. Es gab jedoch weiter Zuflüsse, im Gegensatz zu traditionellen Fonds, wo es netto zu Abflüssen kam.

Gleichzeitig ist wegen des Krieges in der Ukraine gerade im Sustainable-Finance-Markt die Diskussion wieder aufgeflammt, welche Arten von Investitionen ein ESG-Label abdecken sollte. Dies bezieht sich vor allem auf russische Vermögenswerte sowie die Finanzierung von Rüstungsgütern oder Atomkraft. Manchesprechen sich für eine weit gefasste Definition aus. Andere meinen, ESG-Labels seien nur dann sinnvoll, wenn eine klare Linie gezogen wird, und verweisen darauf, dass auch Vermögenswerte ohne ESG-Label nicht generell von Finanzierungsmöglichkeiten abgeschnitten seien. Wo die entsprechende Linie gezogen werden sollte, ist eine Kernfrage von Sustainable Finance, und die Regulierungsbehörden versuchen, hier durch Taxonomien mehr Klarheit zu schaffen.

Die Klärung solcher konzeptionellen Fragen sollte Sustainable Finance neuenSchwung verschaffen. In jedem Fall sind die fundamentalen Treiber der ökologischen Wende weiterhin intakt, sodass die aktuelle Verlangsamung von kurzer Dauer sein dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn die Marktbedingungen wieder günstiger werden.

Autoren

  • Jan Schildbach ist Direktor und Leiter des Bereichs Banken, Finanzmärkte und Regulierung bei Deutsche Bank Research in Frankfurt. Er kam 2007 als Analyst für europäische Bankensysteme und -strukturen zur Deutschen Bank und übernahm 2014 die Leitung des Bankenteams. Jan Schildbach hat umfangreich publiziert, zur Lage der Banken und Trends in der Unternehmensfinanzierung ebenso wie zu Kapitalmarktthemen und regulatorischen Entwicklungen. Ein weiterer Schwerpunkt seines Research liegt auf Strategien und Geschäftsmodellen der Banken. Neben externen Publikationen unterstützt er den Vorstand, die Geschäftsbereiche und Kunden der Deutschen Bank und vertritt die Bank gegenüber Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit. Seit 2022 ist Jan Schildbach Lehrbeauftragter für Commercial Banking an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er war Research Fellow am American Institute for Contemporary German Studies und ist ein Alumnus des Wilton Park British-German Forum sowie des Young Leaders-Programms der Dräger-Stiftung und des American Council on Germany. Jan Schildbach studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Mannheim und Bayreuth sowie der Helsinki School of Economics.

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  • Ursula Walther ist Senior Research Associate bei Evalueserve in Mumbai. Seit 2020 arbeitet sie dort im “Global Market Research” im Bereich Finanzdienstleistungen und beschäftigt sich mit Finanzmärkten, Regulierung und europäischer Politik. Davor war Ursula Walther von 2016 bis 2019 Consultant beim Forschungs- und Beratungsunternehmen Ecoplan in Bern, wo sie insbesondere zu den Themen Bildung, Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem forschte. Ursula Walther studierte im Hauptfach Politikwissenschaft und im Nebenfach Volkswirtschaftlehre an der Universität Bern sowie der Universität Nantes.

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