Investment Sustainable Finance Impact Investing

Die verschiedenen Facetten von Sustainable Finance (Teil 2)

Sustainable Finance steht für ein nachhaltiges Finanzsystem, das die Aspekte Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung berücksichtigt „ESG-Aspekte“, von „environment, social and governance“.

Es geht also bei Weitem nicht nur um Klimaschutz, wenngleich diese Komponente viel Aufmerksamkeit erhält. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Banken, Vermögensverwalter und Anleger damit begonnen, ESG-Faktoren bei ihren Anlageentscheidungen zu berücksichtigen. Dabei orientieren sie sich am Pariser Klimaschutz-Abkommen und den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen. Das hat dazu geführt, dass das weltweite Volumen der Vermögenswerte mit einem ESG-Label auf 35 Billionen US-Dollar im Jahr 2020 angewachsen ist, was einem Drittel aller (professionell) verwalteten Vermögenswerte entspricht.

Bis zum Ende des laufenden Jahres könnte es laut Bloomberg Intelligence und der Global Sustainable Investment Alliance weiter auf 41 Billionen US-Dollar. ansteigen. Diese beeindruckenden Zahlen müssen jedoch im Kontext gesehen werden:

  • Trotz der Fokussierung auf Klimaschutz bleiben die Mittelzuflüsse für Klimainvestitionen immer noch geschätzt um das 3-6-Fache hinter dem zurück, was zur Erfüllung des Pariser Abkommens erforderlich wäre.
  • Weil global einheitliche Definitionen fehlen und eine gewisse Intransparenz herrscht, ist es schwierig, Sustainable Finance präzise abzugrenzen, sowohl inhaltlich als auch dem Volumen nach. Bisher baut Sustainable Finance großteils auf konventionellen Anlageklassen auf (vor allem Aktien, aber auch Anleihen). Diese Vermögenswerte werden auf ihre ESG-Eigenschaften hin überprüft und je nach der verwendeten nachhaltigen Anlagestrategie in Portfolios aufgenommen bzw. daraus ausgeschlossen.

Nachhaltige Anlagestrategien – vom Ausschluss bis hin zu Impact Investing.

ESG-Erwägungen lassen sich mit Hilfe verschiedener, häufig komplementär verwendeter Strategien in Investitionsentscheidungen einbeziehen. Eine der ersten Strategien war negatives Screening. Dabei werden Vermögenswerte, die als schädlich angesehen werden oder nicht den Werten des Anlegers entsprechen, aus dem Portfolio ausgeschlossen (z.B. Tabak oder Waffen).

Diese eher einfache Strategie ist noch immer beliebt, trägt aber per se nicht zu Nachhaltigkeitszielen bei. Es handelt sich vielmehr um eine Art des verantwortungsbewussten Investierens, die minimalen Anforderungen gerecht werden will. Eine ähnliche Strategie ist normenbasiertes Screening, bei der bestimmte Vermögenswerte, die internationalen Standards nicht entsprechen, herausgefiltert werden.

Angesichts des eingeschränkten Nutzens dieser Ansätze wurden andere Strategien wie z.B. ESG-Integration entwickelt. Dabei werden ESG-Faktoren systematisch in die Investmentanalyse und -entscheidung eingebunden. Zu diesem Zweck muss die ESG-Performance eines Unternehmens beurteilt werden, z.B. indem die ESG-Ratings externer Anbieter und eigenes Research anhand von nichtfinanziellen Unternehmensberichten miteinander kombiniert werden. Die daraus resultierenden ESG-Scores sind häufig sehr unterschiedlich. Das ist auf mehrere Gründe zurückzuführen:

  • unterschiedliche Methoden, die mangels einer allgemein anerkannten Definition auf unterschiedliche ESG-Aspekte abstellen,
  • und fehlende Daten, da die Berichterstattung der Unternehmen großteils freiwillig erfolgt, sodass Anleger und Ratingagenturen Annahmen treffen bzw. Schätzungen vornehmen müssen.

Je nachdem, wie die ESG-Scores in die Anlageentscheidung eingebunden werden, trägt die ESG-Integration in unterschiedlichem Umfang zu Nachhaltigkeitszielen bei. Die Anleger können z.B. entscheiden, in die Unternehmen mit dem höchsten ESG-Score im jeweiligen Sektor zu investieren (Best-in-class-Ansatz) oder in Unternehmen mit guten und tendenziell steigenden ESG-Scores (positives Screening).

Anleger, die – neben einer Rendite – auch eine messbare ökologische oder soziale Wirkung ihrer Investition anstreben, setzen auf Impact Investing. Das Volumen dieses Segments ist relativ begrenzt, da es dabei häufig um spezifische Projekte geht, oft auch finanziert durch Private Equity, Private Debt oder Wagniskapital.

Eine weitere, zunehmend beliebte Strategie ist das Shareholder Engagement. Dabei versuchen die Anleger, das Nachhaltigkeitsverhalten eines Unternehmens zu beeinflussen,

  • durch direkte Gespräche mit der Unternehmensführung oder
  • indem sie mit dem Einbringen von Vorschlägen und ihrer Stimmabgabe bei der Hauptversammlung ihre Macht als Anteilseigner nutzen.

Nachhaltige Investmentfonds – zumeist mit breit gefasstem Nachhaltigkeitslabel.

Die Investmentfondsbranche hat auf der Grundlage dieser Screening-Ansätze begonnen, ESG-Kriterien zu berücksichtigen und Fonds mit einem ESG-Label aufzulegen. Weltweit waren laut Morningstar Ende 2021 knapp drei Billionen US-Dollar in Nachhaltigkeitsfonds angelegt, wovon rund 80 Prozent auf Europa entfallen.

Nachhaltige Fonds wachsen zwar rascher als ihre traditionellen Wettbewerber, aber ihr Anteil am gesamten von Investmentfonds verwalteten Vermögen ist mit rund sieben Prozent relativ gering (Schätzungen des IWF für Ende 2020). Die meisten dieser Fonds tragen ein breit gefasstes Nachhaltigkeitslabel (80% des Gesamtvolumens aller Fonds mit ESG-Label), und nur relativ wenige haben ein explizites Umwelt- oder Klimaschutz-Label (16% bzw. 4%).5 Der Großteil der nachhaltigen Investmentfonds wird aktiv gemanagt, wenngleich das Volumen passiver Fondsstetig zunimmt.

Mit Blick auf Investitionen in verschiedenen Branchen sind die Unterschiede zwischen Klimaschutzfonds und traditionellen Fonds am größten. Erstere halten im Durchschnitt größere Positionen in Wirtschaftszweigen mit einem hohenCO2-Einsparpotenzial. Es handelt sich dabei um emissionsintensive Branchen, die ihren Ausstoß in den kommenden Jahren voraussichtlich deutlich verringern werden. Daher weisen Fonds mit einem Klimalabel im Durchschnitt eine höhere CO2-Intensität im Portfolio auf als konventionelle Fonds. Bei Fonds mit einem Nachhaltigkeitslabel liegt die CO2-Intensität dagegen unter dem Durchschnitt. Dennoch wird befürchtet, dass nachhaltige Fonds bisher noch nicht wirklich mit dem Pariser Abkommen im Einklang stehen. Das Fehlen von regulatorischen Vorgaben für nachhaltige Investmentfonds galt lange als Wachstumshindernis für diesen Bereich. Mit den kürzlich verabschiedeten Offenlegungsvorgaben für Fonds und Vermögensverwalter in der EU und einem im Mai vorgelegten Vorschlag der SEC für ähnliche Regelungen in den USA sollte sich dies ändern.

Autoren

  • Jan Schildbach ist Direktor und Leiter des Bereichs Banken, Finanzmärkte und Regulierung bei Deutsche Bank Research in Frankfurt. Er kam 2007 als Analyst für europäische Bankensysteme und -strukturen zur Deutschen Bank und übernahm 2014 die Leitung des Bankenteams. Jan Schildbach hat umfangreich publiziert, zur Lage der Banken und Trends in der Unternehmensfinanzierung ebenso wie zu Kapitalmarktthemen und regulatorischen Entwicklungen. Ein weiterer Schwerpunkt seines Research liegt auf Strategien und Geschäftsmodellen der Banken. Neben externen Publikationen unterstützt er den Vorstand, die Geschäftsbereiche und Kunden der Deutschen Bank und vertritt die Bank gegenüber Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit. Seit 2022 ist Jan Schildbach Lehrbeauftragter für Commercial Banking an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er war Research Fellow am American Institute for Contemporary German Studies und ist ein Alumnus des Wilton Park British-German Forum sowie des Young Leaders-Programms der Dräger-Stiftung und des American Council on Germany. Jan Schildbach studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Mannheim und Bayreuth sowie der Helsinki School of Economics.

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  • Ursula Walther ist Senior Research Associate bei Evalueserve in Mumbai. Seit 2020 arbeitet sie dort im “Global Market Research” im Bereich Finanzdienstleistungen und beschäftigt sich mit Finanzmärkten, Regulierung und europäischer Politik. Davor war Ursula Walther von 2016 bis 2019 Consultant beim Forschungs- und Beratungsunternehmen Ecoplan in Bern, wo sie insbesondere zu den Themen Bildung, Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem forschte. Ursula Walther studierte im Hauptfach Politikwissenschaft und im Nebenfach Volkswirtschaftlehre an der Universität Bern sowie der Universität Nantes.

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