To-dos für Banken zur geopolitischen Wende im ESG-Management
Ein Kommentar von Dr. Matthias Mayer und Dr. Daniel Sommer (KPMG, Financial Services): Der Ukrainekrieg hat Grundannahmen der Weltwirtschaft und des globalen Handels erschüttert. Bei Banken lösen die Auswirkungen Handlungsbedarf beim Management von ESG-Risiken aus. Damit die nachhaltige Transformation nicht ins Stottern gerät, benötigen Geldinstitute eine neue Bewertung geopolitischer Themen in Strategie und Risikosteuerung und daraus folgend eine angepasste ESG-Agenda.
Der nachhaltige Umbau der Gesellschaft gemäß der Kriterien E (Umwelt), S (Soziales) und G (Governance/Unternehmensführung) ist für die Wirtschaft das Megathema der 2020-er Jahre. Das gilt für produzierende Unternehmen wie für die Banken, ohne deren Finanzierungen die enormen Veränderungen nicht realisiert werden können. Der ohnehin schon hohe Umsetzungsdruck in der Branche ist durch den Ukrainekrieg noch einmal deutlich gestiegen.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat gleich mehrere Grundannahmen der globalen Wirtschaftsordnung erschüttert. Die maximale globale Vernetzung und internationale Arbeitsteilung werden verdrängt von einer Welt aus separaten wirtschaftlichen Sicherheitszonen mit eigenen Technologien und Standards. Diese Entwicklung markiert eine neue geostrategische Herausforderung für das Megathema ESG.
Steigender Finanzierungsbedarf, neue Risikoszenarien
Chancen der geopolitischen Wende ergeben sich für Banken vor allem dadurch, dass der Finanzierungsbedarf für die grüne Transformation steigt. Der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt sich, auch Konnektivitäts- und Digitalisierungsprojekte erhalten noch mehr Aufmerksamkeit. Über die Wachstumsmöglichkeiten im Kreditgeschäft hinaus entstehen für Banken neue Opportunitäten im Investmentbanking bzw. Kapitalmarktgeschäft durch Anleihefinanzierungen und Verbriefungen.
Den Chancen stehen aber auch Risiken für das Geschäft von Banken gegenüber. Zum einen sind das Kreditrisiken im Firmenkunden- und im Retailgeschäft – durch sie steigt auch das Risiko eines zunehmenden Risikokapitalbedarfs bei den Banken und einer sinkenden Kapitalrentabilität. Zum zweiten sind das nicht-finanzielle Risiken wie Cyber-, Compliance- und Reputationsrisiken. Zum dritten ergeben sich Geschäftsrisiken durch die Bildung der separaten Wirtschaftszonen und die dadurch ausgelösten Veränderungen in den Geschäftsbeziehungen.
10-Punkte-Plan für Bankmanager
Um Risiken abzuwehren und die Chancen für das eigene Institut zu nutzen, gehören zehn Punkte jetzt auf die Managementagenda in den Banken. Sie zielen unter anderem auf den Ausbau des Geschäfts, die Anpassung des Risikomanagements und auf eine geopolitisch umfassend definierte ESG-Agenda. Dabei kommt besonders den nicht-klimabezogenen Komponenten eine höhere Bedeutung zu, als das bisher der Fall war. Einige Punkte sind für die Banken nicht neu – sie dürfen aber nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden. Erst im Zusammenspiel erzeugen sie ein zielführendes Handeln.
Die ausführliche Analyse der Folgen des Ukrainekrieges auf das Geschäft von Banken und die Auswirkungen auf die ESG-Managementagenda liefert das Whitepaper „Neue geopolitische Herausforderungen bei der ESG-Transformation: Ein 10-Punkte-Plan für Banken“.