Nachhaltigkeitspräferenzen

Nachhaltigkeitspräferenzen: So denken Privatinvestoren über den Anlegerschutz

2022 hat die Schweiz eine obligatorische Risikoabklärung in der Anlageberatung eingeführt. Die meisten Privatinvestoren erachten diese als sinnvoll. Das zeigt eine Studie der Hochschule Luzern. Kritischer gesehen wird hingegen die seit diesem Jahr geltende Selbstverpflichtung, die Nachhaltigkeitspräferenzen abzufragen.

Seit 2022 sind Banken in der Schweiz gesetzlich dazu verpflichtet, im Rahmen einer Anlageberatung bei Privatinvestoren eine Risikoprofilierung durchzuführen. Es müssen die finanziellen Verhältnisse, Kenntnisse und Erfahrungen mit Wertschriften sowie die Anlageziele abgeklärt werden. Ziel ist, Investoren vor Fehlinvestitionen aufgrund mangelhafter Finanzkenntnisse zu schützen.

Nachhaltigkeitspräferenzen: Beratung ist zufreidenstellend

Diese gesetzlichen Vorgaben (FIDLEG) werden von den Privatinvestoren als sinnvoll erachtet, wie eine Studie der Hochschule Luzern (HSLU) zeigt. Drei Viertel der befragten Bankkunden sind mit ihrer Anlagelösung zufrieden, weil diese auf ihre Risikosituation abgestimmt ist. Die Zufriedenheit mit der Anlageberatung geht bei den meisten Kunden einher mit einem hohen Vertrauen in die Anlagekompetenz ihrer Bank. Investoren schätzen es, dass die Anlagestrategie im Verlaufe eines umfassenden und professionellen Anlagegesprächs diskutiert wird. Dies ermöglicht dem Kunden sich auf einer soliden Datengrundlage für eine Anlagelösung zu entscheiden. “Dadurch identifiziert sich der Anleger mit der gewählten Lösung und steht auch in Zeiten eines schwierigen Börsenumfelds hinter seiner Anlagelösung”, sagt Dr. Felix Buschor, einer der Studienautoren und HSLU-Dozent. So sei es auch nicht weiter verwunderlich, dass in den Augen der meisten Anlagekunden die gesetzliche Regulierung der Anlageberatung sinnvoll erscheint.

Nachhaltigkeit-Vorgaben ambivalent

Nachhaltige Investments sind beliebt, wie kürzlich auch die jüngste Sustainable Investments Studie der HSLU belegte. Das zeigt sich auch beim Interesse der Privatanleger: Rund die Hälfte der befragten Personen ist interessiert an nachhaltigen Anlagen – Frauen deutlich häufiger als Männer. Die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen werden aber als eher bescheiden eingeschätzt. “Deshalb wünschen sich die Anleger, dass im Verlaufe der Anlageberatung, ihre Präferenzen für nachhaltiges Anlegen geklärt und in die Anlageziele entsprechend aufgenommen werden”, sagt Buschor. Die Anleger erwarten in der Umsetzung der Anlageziele einfach nachvollziehbare, transparente Informationen zu nachhaltigen Wertschriften. Rund die Hälfte der befragten Personen ist jedoch nicht restlos überzeugt von der Kompetenz ihres Bankberaters, wenn es um nachhaltiges Anlegen geht. Sie beurteilen die Beratungsqualität im Thema der Nachhaltigkeit um einiges tiefer als die allgemeine Anlagekompetenz der Banken.

Auf die Frage, ob das Thema Nachhaltigkeit verbindlich in die Anlageberatung einbezogen werden soll, malen die Studienergebnisse eher ein ambivalentes Bild: Ein Fünftel steht einer solchen Verpflichtung kritisch gegenüber. Damit ist die Skepsis gegenüber Nachhaltigkeits-Vorgaben doppelt so hoch wie diejenige gegenüber Vorgaben zur Risikoabklärung.

Privatinvestoren sind den gesetzlichen Vorgaben in der Anlageberatung im Nachhaltigkeitsbereich gegenüber deutlich kritischer eingestellt als bei der seit 2022 obligatorischen Risikoabklärung. Da Letztere in der Anlageberatung schon etablierter ist, als die erst seit diesem Jahr geltenden Nachhaltigkeits-Vorgaben, ist die Meinungsbildung laut den Studienautoren jedoch noch nicht abgeschlossen.

Nachhaltigkeits-Vorgaben als Bevormundung wahrgenommen

Gemäss Buschor führen die kritischen Stimmen vor allem drei Argumente ins Feld:

  • Erstens solle nachhaltiges Anlegen durch den Markt geregelt werden. Jegliche Anlagen, auch nachhaltige Anlagen, müssten sich langfristig durch eine positive Entwicklung des gewählten Investments bewähren. Korrigierende Eingriffe durch den Regulator seien nicht nötig.
  • Zweitens wolle man im Anlageportfolio nachhaltige und konventionelle Anlagen mischen können und nicht durch Restriktionen auf einseitige Lösungen eingeschränkt werden.
  • Drittens sehen sich auch die einer Regulierung gegenüber kritisch eingestellten privaten Investoren selbst in der Pflicht, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Verpflichtende Vorgaben sollen nicht dazu führen, durch Banken – oder den Regulator – bevormundet zu werden.

Die Studienautoren betonen aber, dass es für ein abschliessendes Fazit noch zu früh sei. Insgesamt sei die Meinungsbildung noch im Gange, ob und wie die Anlageberatung mit Pflichten zur Nachhaltigkeit ergänzt werden soll. „Es wird spannend sein zu beobachten, welche Erfahrungen Banken und deren Kunden mit der seit Anfang 2024 teilweise umgesetzten Selbstregulierungsvorgaben zum Einbezug der Nachhaltigkeit in der Anlageberatung machen werden“, sagt Buschor.