Herabstufung von ESG-Fonds: Ein positiver Schritt für die Branche

Die europäische Vermögensverwaltungsbranche geriet Ende letzten Jahres in die Schlagzeilen, als Anbieter wie unter anderem die DWS Group, Black Rock und BNP Paribas Artikel 9-Fonds im Wert von 116 Milliarden Euro herabstuften.

Unter der Schirmherrschaft der Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR) haben die Fondsmanager die Klassifizierung der betroffenen Fonds von Artikel 9 – so genannte “dunkelgrüne” Fonds, die nachhaltige Ziele verfolgen – auf Artikel 8 oder “hellgrün” für Investmentfonds, die E- und S-Merkmale fördern, herabgestuft.

Die Maßnahmen wurden heftig kritisiert und führten zu „Greenwashing-Anschuldigungen“ seitens Kleinanlegergruppen. Daraufhin warfen die Vermögensverwalter den Aufsichtsbehörden vor, sie hätten in einer früheren Phase des Verfahrens nicht die notwendige Klarheit geschaffen.

Zur Verteidigung der Branche ist anzumerken, dass die erste Phase der SFDR am 10. März 2021 in Kraft getreten ist. Zu diesem Zeitpunkt wurden allerdings noch keine Vorgaben zu den technischen Standards für die erforderlichen Angaben gemacht. Ohne genaue Vorgaben bestand deshalb seitens der Unternehmen immer die Gefahr des versehentlichen „Greenwashings“ für Fonds. Die Vorlagen für diese Standards wurden letztes Jahr von der Europäischen Kommission gebilligt. Sie sind Anfang Januar dieses Jahres in Kraft getreten, werden aber noch weiter überarbeitet.

Nachhaltiges Investment in 2023

Zu Beginn des neuen Jahres stellt sich die Frage, wie es mit der Branche weitergeht und was das Jahr 2023 für nachhaltiges Investment in Deutschland und an den europäischen Aktienmärkten bereithält?

Um die laufenden Diskussionen wieder auf die Grundprinzipien zurückzuführen, sind die Absichten hinter diesen Überlegungen gut – nämlich, dass die verfügbaren Kennzahlen letztendlich Klarheit bezüglich der Unterstützung von nachhaltigen Anlagezielen durch einen Fonds schaffen, oder auch umgekehrt seine Exposition gegenüber Risikobereichen bieten sollen.

Wie jedoch eine Reihe von Branchenverbänden festgestellt hat, sind wir derzeit weit vom Ziel entfernt, das diesen Prozess in Gang gesetzt hat. Dieses besteht darin, auf der einen Seite Transparenz über die verschiedenen Faktoren zu schaffen, die bei der Bewertung der Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt und das Gemeinwesen eine Rolle spielen. Auf der anderen Seite sollen auch die Anleger in die Lage versetzt werden, fundierte Anlageentscheidungen auf der Grundlage ihrer eigenen Präferenzen und Prioritäten zu treffen. Dazu benötigen sie transparente und leicht verständliche Informationen. Stattdessen scheint sich das Reporting in eine komplexe Compliance Aufgabe verwandelt zu haben. „Tick the Box“ steht vor Kundenverständnis.

Trotz der Herausforderungen und der Komplexität macht die Vermögensverwaltungsbranche jedoch Fortschritte. Der Weg zur Schaffung von Transparenz in Bezug auf die verschiedenen Dimensionen nachhaltiger Investitionen hat begonnen. In dem Maße, in dem die Vorlagen und Anforderungen immer genauer definiert werden und das Verständnis der Branche zunimmt, werden sich die daraus resultierenden Bewertungen sicherlich nach und nach verbessern. Aus dieser Perspektive kann die Neueinstufung von Fonds als positiver Schritt gesehen werden, da die Regeln klarer werden und die Branche ihr Verständnis und ihre Anwendung der Grundsätze für nachhaltige Anlagen entsprechend anpasst.

Ziel: Transparente Informationen

Letztendlich muss das Ziel darin bestehen, detaillierte Informationen zu erhalten, denn schließlich sind die gemessenen Aspekte miteinander verbunden und vielschichtig. Eine zentrale Aufgabe besteht jedoch darin, die entsprechenden Informationen transparent und leicht verständlich darzustellen.

Hier wird die Technologie eine Schlüsselrolle spielen. Für eine effektive Berichterstattung ist die Automatisierung des Datenflusses angesichts der Menge an auszuwertenden Informationen ein entscheidender Faktor. Spezialisierte Datenanbieter haben sich bereits auf diese Marktanforderung eingestellt. So können Live-Daten zu CO2-Fußabdrücken, Diversität in den Führungsetagen und zu einer Bandbreite anderer potenzieller PAI in Berichtsvorlagen übertragen werden. Mit der Zeit sollte die Branche das ESG-Management für Investoren dadurch vereinfachen.

Die jüngste Welle der Neueinstufung von Fonds zeigt, dass die Branche solide Fortschritte bei der Gestaltung der Systeme, Prozesse und der Berichterstattung macht, die für fundierte ESG-Anlageentscheidungen erforderlich sind.

Autor

  • Dr. Matthias Breier ist Head of ESG Product bei FE Fundinfo, einem Anbieter von Daten und Technologien für Investmentfonds. In seiner Funktion legt Matthias Breier die Produktstrategie und deren Umsetzung für ESG-Produktlösungen für Vermögensverwalter und Beratungskunden fest. Vor seiner Tätigkeit bei FE Fundinfo arbeitete er als ESG-Produktmanager bei CSSP, einem Unternehmen für Fonds- und Portfolio-ESG-Reporting mit Sitz in Liechtenstein. Breier hat einen Doktortitel in Business Model Innovation von der Universität Lappeenranta, Finnland.

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