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„Grünes“ Geld: Wie Banken ESG-Aspekte im Kreditgeschäft einpreisen

Mehr Nachhaltigkeit im Portfolio, mehr Anreize für den Wandel der Wirtschaft: Erste Banken beginnen damit, ESG-Aspekte ihrer Kunden als Preisfaktor bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen. Das müssen sie beachten, hier gibt noch Schwierigkeiten gibt und das sind die Chancen… 

Günstiges Geld für „grüne“ Geschäftsmodelle: Das könnte schon bald das Motto zahlreicher Banken sein. So haben erste Geldinstitut bereits damit begonnen, ESG-Aspekte ihrer Kunden in die Preisgestaltung ihrer Finanzprodukte einzubinden. Das bedeutet, sie schauen ab sofort genau hin, wie sehr das unternehmerische Handeln ihrer Kunden auf Klimaschutz, soziale Verantwortung und eine gute Unternehmensführung einzahlt. Aktuelle Beispiele zeigen derartige Initiativen im Kapitalmarktgeschäft und dort im Devisenhandel. Bis ESG-Aspekte auch flächendeckend im Bereich des Kreditgeschäfts eine Rolle spielen, ist es jedoch wohl nur eine Frage der Zeit.

ESG-Aspekte als Einfluss und Risiko

Strategische Entscheidungen wie diese zeigen, dass Nachhaltigkeit auch für Banken immer wichtiger wird – nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch im Kerngeschäft. Für diese Entwicklung gibt es zwei gute Gründe. Auf der einen Seite können Banken Einfluss darauf nehmen, wofür die Wirtschaft das Geld ausgibt, das sie ihr zur Verfügung stellt. Auf der anderen Seite verschiebt der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit auch die Risiken für Kreditfinanzierungen: Nachhaltige Geschäftsmodelle sind in der Regel zukunftsfähiger – und damit aus Banksicht weniger riskant.

Wer als Bank ESG-Aspekte seiner Kunden als Preisfaktor berücksichtigt, kann also einige Vorteile daraus ziehen. Zum einen mit Blick auf die eigene ESG-Performance und damit Reputation, zum anderen aber auch hinsichtlich des Geschäftsportfolios. Da sich die Bedingungen für „grüne“ Finanzierungen verbessern, werden mehr nachhaltige Unternehmen angelockt. Schließlich wird der Wandel der Wirtschaft sowohl durch die Bestandsindustrie getrieben als auch durch innovative Geschäftsmodelle: solche, die naturgemäß sehr langfristig ausgerichtet sind und damit tendenziell auch risikoärmer.

Pricing als Investment in die „grüne“ Bilanz

Es kann sich also langfristig lohnen, ESG-Aspekte im Kreditgeschäft zu berücksichtigen. Aber es gibt auch kritische Punkte, was ein Blick auf die Stellhebel zeigt. Ein solcher Stellhebel sind zum Beispiel die Refinanzierungskosten. Sie spielen aktuell im ESG-Kontext zwar noch keine allzu große Rolle, weil sich für die zweckgebundene Refinanzierung „grüner“ Aktiva, beispielsweise über die Ausgabe von Green Bonds, bisher kein nennenswerter Refinanzierungsvorteil für die Banken ergibt. Viele Marktteilnehmer rechnen jedoch damit, dass sich das wegen der steigenden Investorennachfrage bald ändert. Dann könnte dieser Vorteilseffekt über das interne Transferpricing berücksichtigt werden – und würde so zu einem geringeren Einstand auf der Aktivseite führen. Bis das jedoch so weit ist, wären Nachlässe auf die Finanzierung nachhaltiger Unternehmen oder Aktivitäten so gesehen ein Investment in das „Grün“ der Bankbilanz.

Mit Blick auf die Eigenkapitalkosten gibt es Überlegungen seitens der Regulatoren, „grüne“ Kredite durch eine verringerte Eigenkapitalhinterlegung attraktiver zu machen, während eine Finanzierung „brauner“ Kredite durch eine erhöhte Kapitalhinterlegung uninteressanter werden könnten. Allerdings haben es diese Überlegungen noch nicht über das Diskussionsstadium hinausgeschafft. Das heißt, mit kurzfristigen Änderungen ist noch nicht zu rechnen.

Mehr Nachhaltigkeit, weniger Risiko

Bleibt noch der Ansatzpunkt Risikokosten. So beziehen Institute zunehmend ESG-Aspekte in die Risikobewertung ein. Schließlich wird entsprechendes Handeln immer wichtiger für den Erfolg einer Firma, während aus ESG-Sicht kritische Geschäftsmodelle eine schwierige Zukunft haben werden und für die Geldgeber damit bei der Kreditvergabe ein größeres Risiko darstellen. Wenn ein Unternehmen also zum Beispiel Brennstoffzellen herstellt, wird ihm die Bank aus ESG-Risiko-Sicht bessere Konditionen bieten können als dem Zulieferer für Verbrennungsmotoren.

Dieser Schritt wird auch von Aufsichtsbehörden gefordert. So gibt es schon heute formulierte Erwartungen, an denen sich Kreditgeber orientieren können, wie beispielsweise den Leitfaden für Umwelt- und Klimarisiken der Europäischen Zentralbank (EZB). Die geforderte Berücksichtigung von ESG-Risiken im Pricing lässt sich derzeit allerdings noch nicht flächendeckend beobachten. Damit sich das ändert, muss es gelingen, ESG-Aspekte der Kunden – ESG-Auswirkungen wie Risiken – aus Bankensicht messbar zu machen – und auf Grundlage dessen dann Pricing-Entscheidungen zu treffen. Die entsprechenden Methoden werden bereits entwickelt. Dennoch ist für Banken noch einiges zu tun.

Autor

  • Autor: Christoph Betz ist bei KPMG mitverantwortlich für den Bereich Financial Services Transformation und Experte für strategische, regulatorische und prozessuale Fragestellungen im Kapitalmarkt- und Wertpapiergeschäft von Banken. Darüber hinaus leitet er die ESG Practice im Bankenbereich von KPMG Deutschland sowie das KPMG Financial Services ESG Hub in der EMA-Region.

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