Was kommt nach Female Finance? Finanzprodukte für alle Menschen

Finanzprodukte sind größtenteils von Männern für Männer gemacht. Es gibt kaum Angebote, die sich speziell an Frauen richten. Dabei könnten entsprechende Produkte oder Services Frauen vor Altersarmut bewahren und in Unternehmen für neues Wachstum sorgen.

Female Finance-Magazine, -Podcasts, -Communities und -Coachings – die Palette an speziell an weiblichen Personen ausgerichteten Finanzangeboten erscheint erst einmal groß. Und doch liegt im Bereich Female Finance noch unentdecktes Business-Potenzial. Viele „female issues“ werden nämlich noch nicht durch innovative Produkte und Services abgedeckt: Es fehlt an Angeboten – beispielsweise zur Beseitigung mangelnder Altersvorsorge von Frauen. Das liegt zwar auch an strukturell-politischen Themen, wie Ehegattensplitting oder der Herdprämie – aber auch Finanzdienstleister sollten ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen.

Doch wie bekommen Frauen einen besseren Zugang zu Finanzen? Female Finance ist zunächst einmal eine längst überfällige Reaktion auf den „Finance Boys Club“. Das problematische an dieser inoffiziellen Interessengemeinschaft ist, dass sie sich selbst nicht als Club sieht. Man wundert sich im Finance Boys Club auch nicht, dass Mann in dem Club die meiste Zeit unter seinesgleichen ist.

Viele Frauen fühlen sich beim Thema Finanzen schlichtweg nicht angesprochen, geschweige denn inkludiert. Kein Wunder, wenn digitale Assistenten RobinN heißen, mit „Power für Ihr Investment“ geworben wird und männliche Fußballer als Testimonials für Depotangebote bevorzugt werden. Dies hat zur Folge, dass sich Frauen entweder gar nicht mit Finanzen beschäftigen und das Feld oft ihren männlichen Partnern überlassen.

Female Finance-Club mit eigenen Role Models

Dass Frauen – quasi als Gegenentwurf zum Finance Boys Club – inzwischen ihre eigenen Female Finance Clubs gründen, mit eigenen Role Models und einer eigenen Ästhetik, die sich auf ihre Art mit Finanz-Aspekten auseinandersetzen, ist zunächst eine gute Nachricht. Frauen ermutigen sich so gegenseitig, sich mit Finanz-Themen auseinanderzusetzen.

Noch wünschenswerter wäre es, dass das binäre Konzept ‚Mann – Frau‘ auch im Finanzbereich schnell ein Ende fände. Und dass sich Finanzdienstleister mit ihren Angeboten, Produkten und Services an alle Menschen richteten.

Smarte Finanz- und Anlagelösungen für die Bedürfnisse von morgen

Noch immer sind die meisten Altersvorsorge-Produkte auf eine lineare Erwerbsbiografie ausgerichtet. Für den nächsten Evolutionsschritt benötigen Finanzdienstleister Produkt- und Serviceentwicklungen, die die heutigen und zukünftigen Bedürfnisse der Menschen in den Fokus stellen. Es braucht dringend Services in Form von Finanzmanagement-Tools, die Auszeiten für Care-Arbeit, Teilzeit aber auch ein Sabbatical proaktiv mitdenken und möglich machen. Dabei spielt transparente Kommunikation eine wichtige Rolle: Legen sich Kund:innen monatlich einen Sparbetrag bei einem digitalen Anlageassistenten zur Seite, sollte der Service proaktiv informieren, dass sich aufgrund bevorstehender Phasen der Care-Arbeit die Beiträge jederzeit flexibel anpassen lassen. Oder dass die/der Partner:in der Anleger:in die Beiträge in dieser Zeit für sie/ihn einzahlen kann.

Ein anderes Beispiel ist das Konzept Patchwork-Familie, das im 21. Jahrhundert langsam die klassische Kernfamilie ablöst. Noch immer kann ein Elternteil ohne Erlaubnis vom/von der getrenntlebenden Partner:in kein Kinder-Depot abschließen.

Hierfür gilt es, in den Finanzunternehmen mit Legal-Teams neue Rahmenbedingungen innerhalb der Branche zu verhandeln, um sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Voraussetzung dafür sind diverse und interdisziplinäre Teams, in denen kritische Stimmen gehört und ernstgenommen werden.

Damit Finanzen sich endlich an alle Menschen richten, sollten Finanzinstitute und -dienstleister außerdem für mehr stehen als reine Profitmaximierung. Sie müssen einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen. Dafür braucht es ein stabiles Werte-Fundament, mit dem Finanzströme in die richtige Richtung gelenkt werden. Banken sollten folglich eigene Maßstäbe für ihre Anlage-Produkte definieren und sich nicht nur auf ESG-Kriterien verlassen. Mit gutem Beispiel voran geht die GLS-Bank mit eigenen Anlage-, Finanzierungs-, Werte- und Nachhaltigkeitsgrundsätzen. Ein Anlageausschuss überprüft deren Einhaltung und entscheidet darüber hinaus, welche Wertpapiere ins Anlageuniversum der GLS-Bank aufgenommen werden. So lassen sich beispielsweise gezielt Unternehmen für Bildungsgerechtigkeit oder die Ernährungswende fördern.

Finanz- und Anlage-Themen sind zu wichtig, als dass wir sie nur einem Teil der Bevölkerung überlassen können. Es braucht echte Teilhabe für alle Menschen und eine Umgebung, in der auch Andersdenkende Gehör finden. Davon profitiert nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das Geschäft der Banken und Finanzdienstleister. Denn durch mehr Diversität ergeben sich mehr Chancen auf neues Wachstum.