ESG in der Vergütung: Vorstände müssen nachhaltig agieren

BDO und Kirchhoff Consult untersuchten 160 Unternehmen im DAX40, MDAX und SDAX. In über der Hälfte aller Vorstandsgremien sitzt mittlerweile mindestens eine Frau.

Die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit ist zwischenzeitlich auch auf Ebene der Vorstände börsennotierter Unternehmen in Deutschland angekommen. Mit konkreten Messgrößen (KPIs) in der variablen Vergütung des Vorstands insgesamt sowie Vorstandsressorts mit Bezug zu Corporate Social Responsibility (CSR) steigt der Anreiz für Vorstände, ihr Unternehmen nachhaltiger zu gestalten. Diese und weitere Schlussfolgerungen lässt die diesjährige Studie „Nachhaltigkeit im Wandel“ der BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Beratungsgesellschaft und Kommunikationsagentur Kirchhoff Consult zu. Bereits zum neunten Mal in Folge haben sie gemeinsam alle Nachhaltigkeitsberichte und nichtfinanziellen Erklärungen/Berichte der 160 Unternehmen aus DAX40, MDAX und SDAX analysiert, die am 30. Juni 2022 veröffentlicht waren.

Dabei zeigte sich, dass Vorstände zunehmend in die Pflicht genommen werden, ihre selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Mehr als 70 Prozent der DAX 160-Unternehmen integrieren solche KPIs in die Regelungen zur Vorstandsvergütung. Unter den DAX40-Gesellschaften liegt der Anteil sogar bei 85 Prozent. „Das Thema ESG verankert sich zunehmend auch auf Vorstandsebene. Durch die Gestaltung der Vorstandsvergütung übernimmt der Aufsichtsrat eine gezielte Steuerungsfunktion – hin zu einer nachhaltigeren Unternehmensführung“, sagt Vincent Giesue Furnari, Managing Partner bei Kirchhoff Consult. Nils Borcherding, Partner Sustainability Services bei BDO, ergänzt: „Die Studienergebnisse zeigen ganz deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur ‚nice to have‘, sondern als ‚must have‘ immer mehr fester Bestandteil der Unternehmensstrategie wird.“ Fast die Hälfte der Unternehmen (41 %) ordnet den Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) zudem einem Vorstandsressort zu. Vergleichsweise häufig taucht beispielsweise die Funktion „Chief Sustainability Officer (CSO)“ auf.

Steigender Anteil an Frauen im Vorstand: Nur weil es sein muss?

Erstmals kann die Studie von BDO und Kirchhoff Consult durch einen Vorjahresvergleich eine Entwicklung zum Stand bei der Gleichstellung in deutschen Führungsetagen ziehen. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Frauenanteil im Vorstand stark gestiegen: In über der Hälfte der Unternehmen (53 %) sitzt mindestens eine Frau im Vorstandsgremium. Das sind 15 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Allerdings bleibt der Anteil von Frauen in den Vorstandsposten insgesamt niedrig: Nur 14 Prozent aller Vorstandsmitglieder sind weiblich. Die Entwicklung muss zudem in Zusammenhang mit dem 2022 eingeführten, so genannten „Zweites Führungspositionen-Gesetz“ (FüPoG II) betrachtet werden. Dieses verpflichtet beispielsweise Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern zu mindestens einem weiblichen Mitglied.

Kein ESG-Rating – keine Investoren?

Bewertungen des börsennotierten Unternehmens durch ESG-Ratings gewinnen insbesondere für Investoren weiter an Bedeutung. Sie bieten beispielsweise potenziellen Investoren Orientierung zur Bewertung der Nachhaltigkeits-Performance in Unternehmen. Themen wie Umwelt (Environment), Soziales und Gesellschaft (Social) sowie Unternehmensführung (Governance) rücken bei vielen DAX 160-Unternehmen verstärkt ins Blickfeld. Während beinahe der gesamte DAX 160 (96 %) mit einer Bewertung in der Datenbank von Sustainalytics vertreten ist, wird diese Bewertung aber nur in etwa der Hälfte der Berichte (49 %) kommuniziert. Der Vergleich zum Vorjahr zeigt einen deutlichen Trend: Im Jahr 2021 waren lediglich 69 Prozent der DAX 160-Unternehmen in der Datenbank von Sustainalytics zu finden. Auch die Kommunikation im Bericht lag mit 38 Prozent unter dem diesjährigen Niveau. Obwohl die Datenbank von Sustainalytics am umfangreichsten ist, wird zum Rating MSCI ESG am häufigsten berichtet.

EU-Taxonomie: Bei der Umsetzung bleibt noch viel zu tun

Für das Geschäftsjahr 2021 war erstmals die EU-Taxonomieverordnung für berichtspflichtige Unternehmen anzuwenden. Während sich viele Unternehmen (88 %) bisher mit ihrer Taxonomiefähigkeit auseinandersetzen, haben gerade einmal vier Prozent zusätzlich freiwillig über die Taxonomiekonformität ihrer Geschäftstätigkeit berichtet. Die zukünftige Umsetzung bleibt daher eine Herausforderung für die meisten Unternehmen, da eine Berichterstattung zur Konformität ab dem nächsten Geschäftsjahr verpflichtend sein wird.

Investorengetriebenes Rahmenwerk SASB gewinnt an Relevanz

Sowohl für die Nachhaltigkeitsberichte als auch für die nichtfinanziellen Erklärungen und Berichte bleibt die Global Reporting Initiative (GRI) das etablierte Rahmenwerk für die ESG-Berichterstattung. 94 Prozent der Unternehmen, die ein Rahmenwerk im Nachhaltigkeitsbericht nutzen, verwenden die GRI Standards. Gleichzeitig steigt der Gebrauch der investorengetriebenen Standards des Sustainability Accounting Standards Board (SASB). Überwiegend wird SASB dabei zusätzlich zu GRI verwendet. Während 2019 nur ein Unternehmen SASB verwendete, sind es mittlerweile bereits 36.

Die Studie mit allen Ergebnissen steht hier​​​​​​​ zur Verfügung.

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