Sustainable Finance

Sustainable Finance: ESG-Kriterien für Banken sind wichtig

Was ist nachhaltig, was ist Greenwashing? Was ist Sustainbale Finance? Diese Frage lässt sich bei der Kreditvergabe nicht leicht beantworten. Mehr als zwei Drittel der Banken kritisieren unklare ESG-Vorgaben und berücksichtigen sie daher bislang wenig in ihren Kreditvergabeprozessen. Dabei könnte ein stärkerer ESG-Fokus bei der Kreditvergabe nicht nur nachhaltiges Wirtschaften fördern, sondern den Instituten zudem Wettbewerbsvorteile bringen.

Nachhaltige Kredite sind Finanzierungen, die an Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) gebunden sind. Doch klare ESG-Vorgaben fehlen bislang. Und so ordnen Banken aktuell unter dem Oberbegriff Sustainable Finance ihr nachhaltiges Geschäft anhand des Nachhaltigkeitsgrads meist in drei Kategorien ein:

  • Taxonomie-aligned Finance umfasst Geschäfte, die ökologisch nachhaltig sind im engen Sinne der regulatorischen Vorgaben der EU-Taxonomie.
  • Zu Green und Social Finance zählen Geschäfte, die ökologische oder soziale Ziele verfolgen und zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens (die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen) bzw. den Sustainable Development Goals (SDGs) der UN beitragen.
  • Ist das Geschäft nach den vorgenannten Kriterien nicht eindeutig nachhaltig, das finanzierte Unternehmen hat jedoch glaubhafte und ambitionierte Transitionspläne verfolgt, fällt es in den Bereich Transition Finance.

Heterogene Sustainable Finance Frameworks erschweren Vergleiche

Die Krux dabei: Abseits der Vorgaben der EU-Taxonomie haben Institute bei der Klassifizierung der Geschäftsaktivitäten potenzieller Kreditnehmer einen großen Definitions- und Interpretationsspielraum. In der Folge sind die herangezogenen Begrifflichkeiten und Kriterien für die Kategorisierung des Geschäfts in den ESG-Rahmenwerken der Banken (so genannten Sustainable Finance oder Green Lending Frameworks) heterogen. Während sich manche Banken für das „nachhaltigste“ Geschäft sehr eng an den Vorgaben der EU-Taxonomie orientieren, weichen andere bei bestimmten Aktivitäten hiervon ab. Daraus ergibt sich ein uneinheitliches Bild im Bankensektor – auch zum Nachteil der Kunden. So wissen potenzielle Kreditnehmer häufig nicht, wann sich bei welcher Bank eine ihrer Geschäftsaktivitäten als nachhaltig und damit unter bestimmten Bedingungen auch für etwaige Zinsvergünstigungen qualifiziert.

Durch transparente ESG-Leitlinien Marktstandards entwickeln

Was also tun? Um den Anteil nachhaltiger Geschäfte zu ermitteln, Kunden mehr Sicherheit zu geben und sich gleichzeitig keinen Greenwashing-Risiken auszusetzen, sollten klare und verbindliche ESG-Rahmenwerke entwickelt und implementiert werden. Da von der Regulatorik kurzfristig keine weiteren Vorgaben zur Klassifizierung nachhaltiger Geschäftsaktivitäten zu erwarten ist, ist es an den Banken selbst, Marktstandards zu gestalten und zu nutzen. Zunächst sollten sie die eigenen Leitlinien der nachhaltigen Kreditvergabe transparent machen. Welche Branchen schließe ich als Bank aus, weil sie nicht zu meinen ESG-Zielen passen? Welche spezifischen ESG-Kriterien sind im Due-Diligence-Prozess integriert, um Kreditanträge unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu prüfen? Welche konkreten Umwelt- oder Sozialziele sollten Kreditnehmer erreichen, um von Zinsvergünstigungen zu profitieren? Fragen wie diese sollten Banken durch klare Vorgaben und regelmäßige mit Daten unterlegte Berichte beantworten können. Das schafft Transparenz bei ihren Kunden und stärkt das Vertrauen der Stakeholder. Ausgehend davon können Institute über Begriffsdefinitionen, Mindeststandards, Ausschlüsse, Sektorleitlinien und Klassifizierungskriterien auf die Entwicklung von Marktstandards hinwirken. Keine leichte Aufgabe, aber die Bemühungen bringen sowohl Kunden als auch den Instituten selbst wesentliche Vorteile.

Nachhaltigkeit fördern, Greenwashing minimieren

Unternehmen erkennen durch vergleichbare Kreditangebote einfacher, welche ESG-Kriterien sie erfüllen (sollten), und erhalten dadurch vereinfacht Zugang zu nachhaltigen Produkten. So können sie häufiger von günstigen Kreditzinsen profitieren. Das verringert ihre finanzielle Belastung. Außerdem hilft Transparenz in der Kreditvergabe im Hinblick auf ESG-Kriterien dabei, Greenwashing-Risiken zu identifizieren und zu minimieren. So stellen Banken sicher, dass sie Kredite an Unternehmen vergeben, die nicht nur finanziell stabil, sondern auch nachhaltig und ethisch verantwortlich sind. Dies trägt zur Risikominderung auf Bankenseite bei und fördert gleichzeitig eine umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung.

Die Banken, die ESG-Kriterien konsequent anwenden und dies außerdem transparent machen, können sich durch attraktive Konditionen von Mitbewerbern abheben, die pauschale Preise zugrunde legen. Zudem erhöht ein einheitliches Bild nach außen nicht nur die Kundenbindung, sondern auch die Attraktivität als Bank für potenzielle Neukunden. Insgesamt schaffen Banken durch ihre Bemühungen um einheitliche Vorgaben neue Anreize für umweltfreundlichere und sozial verantwortliche Geschäftspraktiken bei Unternehmen. Und das ist letztendlich auch das Ziel aller Bemühungen im Kontext von ESG. Der Bankensektor kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten.

Autor

  • Christoph Betz

    Autor: Christoph Betz ist bei KPMG mitverantwortlich für den Bereich Financial Services Transformation und Experte für strategische, regulatorische und prozessuale Fragestellungen im Kapitalmarkt- und Wertpapiergeschäft von Banken. Darüber hinaus leitet er die ESG Practice im Bankenbereich von KPMG Deutschland sowie das KPMG Financial Services ESG Hub in der EMA-Region.

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