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Wie man bei der Umsetzung der EU-Taxonomie unterstützen kann

Bei der aktuell großen Aufregung rund um ChatGTP und andere KI-Anwendungen (KI Künstliche Intelligenz) wird häufig übersehen, dass unterschiedlichste Modelle und Verfahren der KI, wie beispielsweise NLP-basierte Lösungen (Natural Language Processing) zur Textanalyse oder Neuronale Netze zur Bilderkennung und viele mehr, schon seit Jahren zum Einsatz kommen. Dazu gehören Chatbots, digitale Assistenten, automatische Übersetzung und vieles mehr.
Neu dazu kommt nun ein Anwendungsthema, das an der Schnittstelle zwischen Regulatorik und Finanzwirtschaft liegt, und das mehr und mehr Unternehmen beschäftigt: die Nutzung KI-basierter Plattformen im Kontext der EU-Taxonomie.

Die Komplexität der EU-Taxonomie Verordnung zeigt sich besonders in den teilweise sehr detaillierten technischen Bewertungskriterien, im enormen Umfang der Regulierungsverordnungen sowie im Mangel der Daten die für eine Bewertung erforderlich sind bzw. von Unternehmen erhoben werden müssen. Diese Komplexität muss sich in den IT-Systemen widerspiegeln um automatisierte Prozesse zu ermöglichen bzw. um ein ausführlicheres und vollständigeres Reporting zu erreichen.

Herausforderungen für Banken und Unternehmen

Die Einführung der EU-Taxonomie stellt einen wichtigen Schritt der EU zur einheitlichen Kontrolle nachhaltiger Investitionen und zur Reduzierung der CO2-Emissionen dar, der in allen Mitgliedsstaaten der EU umgesetzt wird.

Bezüglich der Herausforderungen umfasst die EU-Taxonomie ein neues und umfangreiches Regulierungsprojekt, das einen erheblichen Anstieg des bürokratischen Aufwands und der damit verbundenen Kosten mit sich bringt. Darüber hinaus sind die Unternehmen oft nicht in der Lage, genügend Daten für die Umsetzung der EU-Taxonomie zu erheben. Oft fehlen ihnen auch die Fähigkeiten, diese Daten auszuarbeiten und auszuwerten.

Die in der EU-Verordnung enthaltenen Rechtsdokumente umfassen in ihrer Komplexität allein insgesamt 30.000 Seiten. Darüber hinaus ist der Zugang zu einer Vielzahl von öffentlich zugänglichen Datenquellen erforderlich, um z.B. Kohlenstoffemissionen und Energieverbrauchszahlen zu bestimmen bzw. zu berechnen. Der Finanzsektor benötigt deshalb technische Lösungen, um einerseits die Fülle an Daten und Informationen zu bewältigen und andererseits Entscheidungen zu treffen, die das Ziel eines nachhaltigen Finanzsektors wesentlich unterstützen.

Inhalte und Ziele der EU-Taxonomie

Zielsetzung der EU-Taxonomie ist es, Finanzierungen in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu lenken. Dies erfordert auch, dass es prüfbare Kriterien darüber gibt, was unter ökologisch nachhaltig näher zu verstehen ist. Dazu gehören neben gesetzlichen Vorgaben vor allem auch definierte Grenzwerte, die für bestimmte Wirtschaftsaktivität festgelegt sind. Auch wenn sich die Regulierung zweifelsohne sehr umfangreich und komplex darstellt, ist sie dennoch enorm wichtig. Nur durch eine einheitliche Definition, was unter „grün“ bzw. „nachhaltig“ zu verstehen ist, kann dem oftmals zurecht kritisierten „Greenwashing“ entgegengewirkt werden.

Diese regulatorischen Vorgaben sind derzeit auf insgesamt sechs definierte Ökologie-Ziele ausgerichtet:

  • Klimaschutz;
  • Anpassung an den Klimawandel;
  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeres-Ressourcen;
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft;
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Neben den aktuell innerhalb der EU-Taxonomie erfassten ökologischen Anforderungen wird sie zukünftig auch das Soziale und die Governance umfassen (ESG = Environmental, Social, and Corporate Governance).

Digitalisierung der EU-Taxonomie

Die Digitalisierung der EU-Taxonomie gehört zum Bereich Fintech und RegTech, also jenen Technologien, die eine höhere Agilität und Geschwindigkeit bei der Bewältigung regulatorischer Anforderungen im Finanzsektor ermöglichen.

Mittlerweile setzt eine stetig wachsende Zahl an Organisationen darauf, die digitale Umsetzung der EU-Taxonomie in die Hand KI-basierter, automatisierter Plattformen wie dem Taxo Tool zu legen: Hierbei erfolgt diese Digitalisierung in drei Schritten, bzw. in der Umsetzung von drei KI-Wissensbereichen. Im Wissensbereich 1 wird die Komplexität der Regulierung vereinfacht und innerhalb logischer Entscheidungsbäume abgebildet, die zum Beispiel eine einfache Bearbeitung der jeweiligen Bewertung sowohl für Bankangestellte während eines Kreditantragsprozesses als auch für Unternehmen bei der Eigenbewertung hinsichtlich der EU-Taxonomie ermöglichen.

Das Dilemma des Datenmangels wird mittels eines zweiten Wissensbereiches überwunden, indem entsprechende logische Modelle zur Berechnung der Kohlenstoffemissionen eingeführt werden, die auf verfahrenstechnischem Wissen basieren. Für eine zunehmende Automatisierung der Bewertungsprozesse werden im dritten Wissensbereich mittels speziell trainierter NLP-Modelle relevante Informationen bzw. Daten aus verfügbaren Dokumenten (z.B. Energieausweisen, Nachhaltigkeitsberichten, etc.) erhoben und direkt zur Beantwortung von regulatorischen Vorgaben herangezogen.

Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) und Privatkunden

Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern die bisher auch schon dem NFRD Reporting unterlagen, sind laut der EU-Taxonomie-Verordnung jetzt verpflichtet, den Grad der Nachhaltigkeit im Geschäftsbericht auszuweisen. Andere Unternehmen sind bis heute noch nicht betroffen. Allerdings sind auch KMUs und Privatkunden davon betroffen, sofern sie bei einem Kreditinstitut das nach der EU-Taxonomie verfährt einen Kreditantrag stellen. Denn die Kreditinstitute die sich als „grün“ auszeichnen möchten, werden bei der Kreditvergabe jeden Kredit daraufhin prüfen, ob das finanzierte Projekt/Objekt oder die damit verbundene Wirtschaftsaktivität auch den “grünen” Vorgaben der EU-Taxonomie entspricht. Das gilt nicht nur für Firmenkunden, sondern zum Beispiel auch beim Immobilienkauf durch Privatpersonen. Früher wurde lediglich die Bonität des Schuldners geprüft, das Objekt vom Restwert her betrachtet und so das Risiko eingegrenzt. Nun erweitert sich die Objektbetrachtung um die Frage, ob es “grün” im Sinne der EU-Taxonomie ist.