Automatisierte Systeme sorgen für diskriminierungsfreie Kredite
Automatisierte Systeme und fortschrittliche Datenanalyse verändern die Finanzwelt. Besonders in puncto Vorurteile und Diskriminierung können neue Technologien eine inklusivere Kreditvergabe ermöglichen.
Die ganze Wirtschaft erlebt aktuell sehr turbulente Zeiten. Gerade in solchen Phasen ist die Versorgung von Unternehmen mit Krediten , insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), von entscheidender Bedeutung. Sie wahren die finanzielle Stabilität und halten Unternehmen auf Kurs, indem sie beispielsweise kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken. Gleichzeitig dienen Unternehmenskredite dazu, Arbeitsplätze zu sichern, indem sie Investitionen und damit Wachstum ermöglichen. Doch häufig ist der Weg zur Kreditaufnahme von Hindernissen geprägt. Das erfahren vor allem Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, wie eine aktuelle Umfrage des Kreditanbieters Iwoca zeigt. Dabei können Technologie und automatisierte, digitale Kreditvergabeprozesse dem sogenannten “Lending Bias”, also der “voreingenommenen Kreditentscheidung”, entgegenwirken.
Voreingenommenheit als Hürde bei der Kreditvergabe
Die Sicherung der Unternehmensfinanzierung ist für viele Unternehmer*innen eine Herausforderung. Neben reinen und harten Fakten aus dem Zahlenwerk beeinflussen aber auch der Mensch hinter der Kreditentscheidung sowie seine Einstellung und Werte das finale Ergebnis. Sehr klar erkenntlich und gut erforscht ist dies beim Venture Capital. Etwa 83 Prozent der Venture-Capital-Deals gehen an rein männlich besetzte Gründerteams. Der Female Founders Monitor des Bundesverband Deutsche Startups zeigt auch, dass männliche Gründer fast neunmal so viel Kapital wie Frauen-Teams erhalten.
Unternehmerinnen machen Diskriminierungserfahrungen bei Kreditvergabe
Eine der Hauptursachen sind bestehende Gender-Gaps sowie geschlechtsspezifische Stereotypen und Vorurteile, die die Kreditvergabe teilweise gegenüber Unternehmerinnen beeinflussen. Kreditgeber könnten beispielsweise annehmen, dass Frauen ein höheres Kreditausfallrisiko haben. Dies kann dazu führen, dass Frauen in der Folge höhere Zinssätze zahlen oder niedrigere Kreditbeträge angeboten werden. Der KMU-Kreditanbieter Iwoca hat dazu eine ausführliche Studie zum “Gender Financing Gap” durchgeführt, um Vorurteile bei der Kreditvergabe an Unternehmer*innen aufzudecken. Dabei kam raus, dass sich jede dritte Unternehmerin bei Finanzierungsanfragen diskriminiert fühlt. Einer der größten Diskriminierungsfaktoren im Unternehmertum ist für zwei Drittel der befragten Frauen und 52 Prozent Männer die systematische Unterschätzung des Potenzials weiblich geführter Unternehmen. So bestätigte die Hälfte der männlichen und weiblichen Umfrageteilnehmer*innen, dass Unternehmerinnen einen eingeschränkten Zugang zu Kreditgebern und potenziellen Investoren aufgrund ihres Geschlechts haben. Dies kann dazu führen, dass Frauen in der Folge höhere Zinssätze zahlen oder niedrigere Kreditbeträge angeboten werden.
Kreditvergabe: Herkunft und Religion als Faktoren
Aus der Iwoca Studie ging auch hervor, dass rund 40 Prozent aller Unternehmer*innen sich aufgrund ihres religiösen Hintergrunds oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit bereits einmal bei der Kreditaufnahme benachteiligt fühlten. Diese Benachteiligung kann neben Voreingenommenheit und Vorurteilen auch auf Faktoren wie Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und die begrenzte Kenntnis der lokalen Finanzsysteme zurückgeführt werden. Einen Kreditvertrag mit 15 Seiten zu verstehen ist für einen Nicht-Muttersprachler deutlich schwieriger und kann eine hohe Hürde darstellen. Oftmals haben Menschen mit Migrationshintergrund es zudem schwieriger einen Kredit zu erhalten, da etwa ausländische Berufsausbildungen oder Studienabschlüsse nicht gleichwertig akzeptiert werden oder da ihnen weniger Fach- und Führungs-Kompetenzen zugestanden werden.
Digitale Firmenkredite für mehr Inklusion
Technologie und automatisiertes beziehungsweise anonymisiertes Data Processing können bder der Reduzierung, im besten Fall der Überwindung, solcher Vorurteile und entsprechender Diskriminierung bei der Kreditvergabe helfen Digitale Kreditanbieter setzen auf objektive Daten und algorithmische Entscheidungsprozesse, die weniger anfällig für menschliche Voreingenommenheit sind. Daher werden viele Merkmale, die zu einer Voreingenommenheit führen können, nicht abgefragt oder nur anonymisiert in der Risikoentscheidung verarbeitet. Indem die komplette Antragsstrecke weitgehend neutral gestaltet wird, nehmen solche Faktoren einen deutlich niedrigeren Einfluss auf die Kreditentscheidung. Die dahinterstehende Technologie nutzt Machine Learning und berücksichtigt dafür Informationen aus vielen verschiedenen Quellen. Diese ermöglichen eine ganzheitliche Beurteilung der Kreditwürdigkeit, die über die traditionelle Kombinaten der Bewertung von Finanzkennzahlen und eine menschliche Individualeinschätzung hinausgeht. Auf diese Weise wird die Chancengleichheit gefördert, da die Kreditentscheidungen auf nachvollziehbaren Zahlen und Fakten basieren und weniger von persönlichen Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft oder Religion beeinflusst werden. Automatisierte und auf nicht-diskriminierende Risikobewertungen trainierte Kreditmodelle können daher dazu beitragen, das Vertrauen in Kreditentscheidungen zu stärken und Unternehmer*innen Zugang zu Fremdkapital zu ermöglichen, die in klassischen Kreditprozessen vor unnötig hohe Hürden gestellt werden.