Mit Daten mehr Transparenz im freiwilligen Kohlenstoffmarkt
Dekarbonisierung muss Priorität in allen Industrien bleiben. Doch es wird immer deutlicher, dass die Geschwindigkeit, mit der globale Unternehmen ihre Emissionen reduzieren, nicht ausreicht. Die Nutzung zusätzlicher Methoden wird immer zentraler. Im freiwilligen Kohlenstoffmarkt können Unternehmen und Institutionen ihre CO2-Emissionen ausgleichen, indem sie verifizierte Carbon Credits kaufen, die im besten Falle eine Tonne CO2 langfristig aus der Atmosphäre entfernen.
Nach aktuellen Regeln der Science-based Target Initiative (SBTi) ist die Nutzung von negativen Emissionen außerhalb der Wertschöpfungskette erst für die letzten wenigen Prozent der sogenannten “nicht vermeidbaren Emissionen” zulässig. Gemäß einer Befragung der SBTi im Jahr 2023, eine der führenden Klima-Initiativen für Unternehmen,werden viele Unternehmen diesen Punkt jedoch erst zwischen 2040 und 2050 erreichen. Es wird immer deutlicher, dass die CO2-Entnahme eine entscheidende Rolle spielen wird und daher so schnell wie möglich ausgeweitet werden sollte. Die Forderung nach einem vollständig sequentiellen Ansatz, bei dem dieser Bereich erst spät in Betracht gezogen wird, ist kaum noch haltbar. Wenn nicht heute bereits stetig in CO2-Entnahme investiert wird, wird es in 20-30 Jahren kaum skalierbare, kosteneffiziente Lösungen geben.
Bei allen berechtigten Qualitätsmängeln: Der freiwillige Kohlenstoffmarkt spielt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssen wir Millionen von Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernen – ungefähr 60 Millionen Tonnen jährlich bis 2030, so die Internationale Energieagentur (IEA).
Das Problem? Aufgrund mangelnder Regeln und der Vielzahl an Standards scheitern viele Unternehmen daran, in echte Klimawirkung zu investieren. Das wird zunehmend zu einem Risiko – sowohl für den Planeten als auch für die Unternehmen selbst.
Qualität ist schwer zu finden
Der Vorwurf, dass mit Carbon Credits nur Greenwashing betrieben wird, ist nicht unberechtigt. Selbst mit den besten Intentionen besteht die Gefahr, in wenig oder gar nicht wirksame Projekte zu investieren. Da der freiwillige Kohlenstoffmarkt nicht reguliert wird, obliegt es aktuell unterschiedlichen Initiativen aus Marktspielern sowie der Industrie, erste Qualitätsstandards zu schaffen wie der Voluntary Carbon Markets Integrity Initiative (VCMI). Trotz erster Initiativen ist es für Käufer häufig schwierig, die Anforderungen dieser Frameworks für konkrete Projekte und Credits zu prüfen.
Durch die unterschiedlichen Zertifizierungsstandards unterscheiden sich die pro Projekt vorhandenen Daten häufig sehr – und in manchen Fällen sind relevante Datenpunkte gar nicht Teil der Zertifizierung. Mit zunehmender Aufmerksamkeit auf dem Finanzmarkt bleiben Fehlschritte jedoch nicht im Verborgenen, sondern sorgen, häufig zu Recht, für Kritik bei Investoren und in der Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, mit klaren Kriterien zu arbeiten, die sich am aktuellen Stand der Wissenschaft orientieren – nicht nur für das Image, sondern für den echten Klimaschutz.
Daten schaffen Klarheit
Hier kommen Daten ins Spiel. Die Kombination verschiedener Datenpunkte kann dabei helfen Transparenz und Vergleichbarkeit im freiwilligen Kohlenstoffmarkt herzustellen. Und sie können dazu beitragen, das negative Image dieses wichtigen Marktes zu verbessern und die tatsächliche Wirkung der Projekte zu verdeutlichen.
Die Betrachtung folgender Datenpunkte bieten aus Käuferperspektive einen Ansatz, die echte Wirkung von Klimaprojekten zu identifizieren, Vergleichbarkeit zwischen Projekten und Credits herzustellen und somit das Risiko zu minimieren:
Die sogenannten “Credit Fundamentals” können dabei helfen, Credits über verschiedene Standards hinweg zu vergleichen und somit Risiken zu reduzieren.
Hierzu gehören Metriken wie:
- Pathway: Unterscheidung zwischen Projekten, die zusätzlichen CO2-Ausstoß verhindern oder zu einer netto Reduktion des CO2 in der Atmosphäre führen
- Permanenz: Die erwartbare Wirksamkeit des Effekts in Jahren
- Additionalitätsrisiko: Das Risiko, dass der Effekt auch ohne die Projektaktivität eingetreten wäre
- Policy Risiko: Das Risiko, dass die Projektaktivität bereits in nationale Emissionsziele einfließt und somit im globalen Budget bereits enthalten ist
- Projektmethodologie: Die verwendete Technologie oder Methode
Ein weiterer Datenpunkt ist der Preis von Carbon Credits. Credits variieren in Bezug auf Qualität und ihre langfristigen Auswirkungen, was sich häufig im Preis widerspiegelt. Im Allgemeinen sind Credits für die Entnahme von CO2 teurer als solche für die Vermeidung von CO2, wobei die Preise tendenziell mit der Nutzung nachhaltiger Technologien steigen. Leider berücksichtigen die Preise nicht ausreichend, wie nachhaltig und permanent die Wirkung anhält.
Die Langlebigkeit der Klimaprojekte kann erheblich variieren, abhängig von ihrer Art. Um die Preise vergleichbarer zu gestalten, sollte ein Zeithorizont von 100 Jahren verwendet werden.
Volumenerwartungen: Die genaue Planung der zu nutzenden Credits ist auch von der aktuell erwarteten Verfügbarkeit abhängig. Während vor allem riskantere, traditionelle Vermeidungsprojekte weiterhin über 80 Prozent der globalen Pipeline ausmachen, ist das Wachstum der langfristig notwendigen Entnahme-Credits noch immer langsam. Oft lohnt es sich, in geringen Mengen, Entnahme-Credits frühzeitig zu sichern.
Angesichts der verschiedenen Marktaspekte und der Vielfalt der Credits ist eine wirksame Strategie für Unternehmen nur mit detaillierten, verifizierten und umfangreichen Daten möglich. Software und Tools, die diese umfassenden Daten und direkten Zugang zur globalen Lieferantenlandschaft bieten, können Unternehmen dabei unterstützen, Carbon Credits optimal zu nutzen und die richtige Entscheidung für ihr Portfolio zu treffen.
Schließlich ist eine effektive Klimastrategie immer auch ein fundamentales Risikomanagement. Eine erfolgreiche Klimawirkung spiegelt sich zunehmend in der Performance auf den Finanzmärkten wider und erleichtert Unternehmen den Zugang zu Kapital.