Green Bond

Green Bonds: “Vom bisherigen Nischen- zum Kernmarkt für Finanzierungen”

Der globale Markt für Green Bonds – grüne Anleihen – ist 2024 auf ein Rekordvolumen von 4,2 Milliarden US-Dollar gewachsen. In einem Interview auf der Webseite des Frankfurter Vermögensverwalters DWS Group  (Webseite) spricht Bernhard Birkhäuser, Senior Portfolio Manager Fixed Income, über die gestiegene Bedeutung von grünen Anleihen, ihre Vorteile gegenüber klassischen Bonds und warum derzeit insbesondere grüne Unternehmensanleihen für Anleger interessant sein könnten.

Herr Birkhäuser, was genau sind grüne Anleihen – und was unterscheidet sie von ihren traditionellen Pendants?

Grüne Anleihen sind im Prinzip ganz normale Anleihen, bei denen sich der Anleihe-Emittent Kapital leiht und für die Laufzeit einen festgelegten Zinssatz zahlt. Der Hauptunterschied zu nicht-grünen Anleihen liegt in der Verwendung der Emissionserlöse. Sie werden ausschließlich zur vollständigen oder anteiligen Finanzierung von geeigneten grünen Projekten verwendet, die einen positiven Umweltnutzen schaffen.

Wer emittiert in der Regel Green Bonds?

Bernhard Birkhäuser ist Experte für Green Bonds

Bernhard Birkhäuser, Senior Portfolio Manager Fixed Income

Emittenten können zum Beispiel Unternehmen, Staaten oder auch Banken sein. Bei den Unternehmen sind insbesondere die Versorger sehr aktiv. Das sind zum einen Netzbetreiber und zum anderen Energieproduzenten aus den Bereichen Solarenergie, Windenergie und Wasserenergie. Auch Banken, die hier quasi als Intermediär auftreten, sind stark vertreten. Ebenso wie Immobilienunternehmen, die mit den Green Bonds meist energieeffiziente Gebäude finanzieren.

Bei den Anleihe-Neuemissionen liegt der Green-Bond-Anteil mittlerweile bei rund 30 Prozent. Von einer Nische kann da wohl kaum mehr die Rede sein…

Richtig. Bereits 11 Prozent der Unternehmensanleihen sind heute grün, 2019 waren es lediglich drei Prozent. Die Zahlen machen deutlich, dass sich der Green-Bond-Markt innerhalb weniger Jahre vom Nischenmarkt zum absoluten Kernfinanzierungsmarkt gewandelt hat. Heute gilt: Wenn ein Unternehmen in der Lage ist, Green Bonds zu begeben, dann begibt es in der Regel auch Green Bonds.

“Investoren bevorzugen mittlerweile bei gleicher Bewertung oftmals die grüne Variante, was meist regulatorische Gründe hat. Wir haben insbesondere in schwächeren Marktphasen beobachten können, dass grüne Anleihen vergleichsweise leichter platziert werden konnten.”

Warum ist jetzt ein guter Zeitpunkt für Anleger, sich mit grünen Unternehmensanleihen zu beschäftigen?

Wir befinden uns derzeit insgesamt in einem guten Marktumfeld für Zinsanlagen. Euro-Unternehmensanleihen guter Bonität, die so genannte Investment-Grade-Anleihen, gehören im globalen Universum von Staats- und Unternehmensanleihen aktuell zu unseren Favoriten – so auch grüne Unternehmensanleihen.

Was stimmt Sie speziell für die Corporate Green Bonds optimistisch?

Die Rendite im Gesamtuniversum für europäische Corporate Green Bonds guter Bonität liegt derzeit bei 3,6 Prozent. Das ist zwar bekanntlich keine Garantie für die Zukunft, aber aktuell ein attraktiver Ertrag, der durchaus mit Dividendenrenditen von Aktien mithalten kann. Wir gehen davon aus, dass insbesondere der politische Rückenwind durch den EU Green Deal den breiten Markt weiterhin unterstützen dürfte.

Apropos EU Green Deal: Sind Green Bonds ein europäisches Thema?

In erster Linie schon. Da die Regulatorik bereits etabliert ist, dürfte es in Europa auch langfristig ein Thema bleiben. Dagegen sehen wir kaum Green Bonds von US-amerikanischen Unternehmen. In den USA gibt es derzeit keine regulatorische Unterstützung für Green Bonds.

Wie sieht es in puncto Risiko aus? Gibt es hier Unterschiede zwischen grünen und nicht-grünen Anleihen?

Abweichungen können sich durch unterschiedliche Laufzeiten ergeben, die bei den Green Bonds im Durchschnitt etwas kürzer sind, aber auch durch den bereits erwähnten abweichenden Sektorfokus. Wenn es um die Rückzahlung der Anleihe bei Endfälligkeit geht, sind die Risiken jedoch grundsätzlich identisch, da die Finanzierung jeweils auf Unternehmensebene erfolgt und nicht auf Projektebene. Es gilt das so genannte Pari-Passu-Prinzip, nach dem Green Bonds gleichrangig mit Non-Green-Bonds sind.

Was raten Sie Anlegern, die in Corporate Green Bonds investieren wollen? Viele Anleihen haben ja eine Mindeststückelung von 100 000 Euro…

Wie bei anderen Anlageklassen, sollte auch bei Green Bonds unbedingt eine Risikodiversifizierung stattfinden. Es ist wichtig, ausreichend Emittenten im Portfolio zu haben, um nicht durch einen Ausfall innerhalb des Portfolios oder durch eine Ratingherabstufung plötzlich vor einem größeren finanziellen Problem zu stehen. Ein breit aufgestelltes Produkt wie zum Beispiel ein aktiv gemanagter Anleihefonds, der breit über verschiedene grüne Unternehmensanleihen streut und bei dem bereits ein Einstieg mit kleineren Anlagebeträgen möglich ist, könnte daher eine gute Möglichkeit sein. (DFPA/abg)

Das vollständige Interview lesen Sie hier.

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