14 Jahren Dauerregulierung bei Banken: Ist jetzt genug?

Auf dem International Bankers Forum stellt Dr. Louis Hagen, Präsident des vdp, die These auf, dass es in den letzten Jahren zu viel Regulierung gab und es an der Zeit sei, wieder etwas moderater zu regulieren. Nun hat er diese Aussage weiter präzisiert. Dass es nach der Finanzkrise 2007/2008 einer deutlich strikteren Bankenregulierung bedurfte, steht außer Frage. Sie war notwendig, um das Finanzsystem insgesamt zu stabilisieren und das systemische Vertrauen wiederherzustellen. Heute sind Banken deutlich stabiler, als sie es 2008 waren. Das hat sich in der Covid-19-Krise gezeigt. Nach 14 Jahren einseitig auf den Bankensektor ausgerichteter Dauerregulierung droht der Bogen mittlerweile aber überspannt zu werden.

So wird die äußerst konservative Immobilienfinanzierung durch die jüngst beschlossenen makroprudenziellen Maßnahmen über das angemessene Maß hinaus belastet. Und diese neuen Regulierungsvorhaben kommen auf die bestehende, jetzt schon kapitalintensive Regulierung obenauf. Vergessen werden dürfen auch nicht die signifikanten Belastungen, die mit der Basel III-Umsetzung in den nächsten Jahren verbunden sind.

Das Finanzierungsangebot der Banken könnte sich verknappen

Nicht auszuschließen ist, dass sich das Finanzierungsangebot der Banken verknappen und deutlich erhöhte Finanzierungskosten für die Kreditnehmern mit sich bringen wird. Zudem führt eine fortwährende einseitige Bankenregulierung zwangsläufig dazu, dass Teile des klassischen Bankgeschäfts in anders oder weniger streng regulierte Bereiche des Finanzsektors abwandern. Etwa zu Versicherungen, deren Regulierung völlig andere Incentives enthält, zu deutlich weniger regulierten Kreditfonds oder zu den faktisch gar nicht regulierten Fintechs. Dass hier kein level playing field besteht, führt zu einer Schwächung von Banken. Gelten muss „same business – same risks – same rules“ – vor allem auch im Interesse der Finanzstabilität.

Ähnlich überbordend wie in der klassischen Bankenregulierung gestaltet sich bereits jetzt schon die Regulierung bei „Sustainable Finance“, für die gleich eine Vielzahl an Akteuren verantwortlich zeichnet. Umfang und Komplexität einzelner Regulierungsvorhaben in diesem Bereich, so sinnvoll sie dem Grunde nach sein mögen, wie etwa die in der Endausbaustufe mutmaßlich rund 1.500 Seiten umfassende EU-Taxonomie oder die Deutsche Sustainable Finance Strategie, entwickeln sich zu Bürokratie-Monstern und binden so massiv Ressourcen in den Banken. Erschwerend kommt hinzu, dass etliche der neuen Regeln heute gar nicht erfüllbar sind, da sie entweder zu ambitioniert oder gar nicht praxistauglich sind. Dazu zählen Teile der Taxonomie-Anforderungen an nachhaltige Gebäude, hier insbesondere die so genannten Do-No-Significant-Harm-(DNSH)-Kriterien, oder auch die absehbaren Anforderungen im Zusammenhang mit dem EU-Green Bond Standard.

Eine 100%-Taxonomie-Konformität von Green Bonds wird auf absehbare Zeit nicht darstellbar sein, soll dessen ungeachtet aber vorgegeben werden. Ein Grund für diese Fehlentwicklungen ist sicherlich, dass die Finanzindustrie als hauptsächliche Adressatin nicht adäquat eingebunden war und ist und Praxistauglichkeit kein handlungsleitendes Kriterium war. Stattdessen kamen vor allem Politik, Aufsichtsbehörden und NGOs zum Zuge, die teils deutlich überambitioniert agierten, während der Finanzindustrie lediglich ein Beobachterstatus zugesprochen wurde, so geschehen im deutschen Sustainable Finance Beirat. Das überrascht insofern, als dass die Kreditwirtschaft gerne als Katalysator für mehr Nachhaltigkeit in der Realwirtschaft fungiert und dies ja auch schon getan hatte, lange bevor Politik und Regulierer aktiv wurden.

Das erreichte Maß an Mehrbelastung der Kreditwirtschaft durch überbordende Regulierung gilt es zu hinterfragen. Denn nur mit passenden Rahmenbedingungen können Banken ihrer ureigensten Aufgabe vollumfänglich nachkommen: der Kreditversorgung der Realwirtschaft. Das gilt umso mehr in der jetzigen Zeit, in der so große Vorhaben wie die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie, und politisch gewollte Projekte wie die Transformation der Wirtschaft gemäß EU-Nachhaltigkeitsagenda und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu finanzieren sind.