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Europa muss Kapital für soziale Investitionen mobilisieren

 In einer gemeinsamen Initiative mit verschiedenen Finanzmarktakteuren und unter Federführung des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI) hat die EB ein Papier an die Europäische Kommission unterzeichnet, das einen Rahmen für soziale Investitionen vorschlägt. Ziel ist es, mehr Kapital für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, Bildung, erschwinglichen Wohnraum und weitere soziale Aufgaben in Europa zu mobilisieren.

“Europe needs to mobilise capital for social investments”

Die Unterzeichner des Papiers “Europe needs to mobilise capital for social investments” fordern die EU-Kommission auf, die Entwicklung eines Rahmens für soziale Investitionen auf die Agenda der angelaufenen Legislaturperiode zu setzen und notwendige Schritte zur Förderung sozialer Investitionen zu unternehmen. Geboten sei dies insbesondere aus den folgenden drei Gründen:

  • Hoher Kapitalbedarf: Die Investitionslücke in der sozialen Infrastruktur in Europa beträgt derzeit 100 bis 150 Milliarden Euro pro Jahr. Der klimagerechte Umbau der Wirtschaft hat soziale Auswirkungen, die abgefedert werden müssen, um eine Spaltung der Gesellschaft zu vermeiden. Es sind enorme Mittel erforderlich, um die SDG-Agenda bis 2030 zu erreichen.
  • Regulatorische Anforderungen: Unternehmen müssen erhebliche Ausgaben tätigen, um die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) umzusetzen und die Menschenrechte auch in ihren Wertschöpfungsketten sorgfältig zu achten. Erforderlich sind daher Investitionsanreize und mehr Nachweismöglichkeiten, um soziale Investitionen transparent zu machen.
  • Steigende Nachfrage: Institutionelle und private Anleger möchten soziale Aspekte in ihre Anlagestrategien einbeziehen, wie beispielsweise die Nachfrage nach Social Bonds während der Covid-19-Pandemie gezeigt hat. Es fehlt jedoch an einer klaren Orientierung, was „soziale Investition“ bedeutet.

Inhaltlich sollte der neue Rahmen auf bestehenden Rahmenwerken wie u.a. der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie den SDGs basieren. Darüber hinaus sollten Investitionen nur dann als „sozial“ gelten dürfen, wenn niemand von der Möglichkeit, sie zu tätigen, ausgeschlossen wird. Zudem sollten „soziale Investitionen“ zur Achtung der Menschenrechte verpflichten und Umweltaspekte berücksichtigen. Letzteres soll sicherstellen, dass keine Aktivität als „sozial“ eingestuft werden kann, wenn sie mit schweren ökologischen Nachteilen verbunden ist (Berücksichtigung der Idee „Do no significant harm“, die auch Teil der EU-Taxonomie und -Offenlegungsverordnung ist).

„Europa muss geeignete Voraussetzungen schaffen, um dringend notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur zu fördern“, sagt Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands der EB. „Aus diesem Grund unterstützen wir sehr gern den Vorschlag zur Schaffung eines Social Investment Framework, um die Anerkennung sozialer Investitionen zu erhöhen und deren Potenzial für die Gestaltung einer nachhaltig lebenswerten Gesellschaft noch besser zu nutzen. Soziale Infrastruktur bildet die Basis für die in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft geleistete Arbeit – und damit für den Dienst am Menschen“, so Katzenmayer.

Gemeinsam mit den Mitunterzeichner sieht die EB in einem Rahmen für soziale Investitionen eine gute Chance, die enorme Investitionslücke in der sozialen Infrastruktur sukzessive schließen zu können und zugleich den Bedürfnissen von Anleger nach sozialen Investitionen besser gerecht zu werden. Zu den Erfolgsbedingungen gehört indes, dass der neu zu schaffende Rahmen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, stets unabhängig von politischen Entscheidungen bleibt sowie die unterschiedlichen Sektoren der Wirtschaft in größtmöglichem Maße abdeckt.

Angesichts der Erfahrungen mit der EU-Taxonomie empfehlen die Unterzeichner für Europa, einen Rahmen für soziale Investitionen zunächst auf freiwilliger Basis einzuführen, um praktische Umsetzungsprobleme zu vermeiden und gleichzeitig die Flexibilität zu wahren, regionale Gegebenheiten angemessen zu berücksichtigen.

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