ESG plus EDA: Daten sind wichtiger Schlüssel und es lohnt sich
Transparentes Risikomanagement bringt bares Geld. Finanzinstitute, die ESG-Erwartungen wie Risiken begreifen und managen, haben die Nase vorn.
Je transparenter die Risiken, desto besser für die Banken. Denn längst müssen sie in der Lage sein, regulatorische Anforderungen und ihre dynamischen Änderungen zu erfüllen und in ihren Betriebsprozessen umzusetzen. Risikotransparenz hilft dabei, eine Unternehmensorganisation und ihre Abläufe resilienter zu machen gegen Einflüsse und Erwartungen von außen. Ideal ist es, wenn die Unternehmen imstande sind, diese operative Resilienz unter dem Gesichtspunkt der Kapitalunterlegung auf Knopfdruck nachzuweisen. Das bedeutet, dass sie jederzeit ein vollständiges Bild über die Risiken haben, die Veränderungen für ihre Organisation darstellen, und ad hoc darauf reagieren können.
Neben den klassischen Risiken sind Banken seit einiger Zeit mit einer neuen und äußerst anspruchsvollen Art von Erwartungen konfrontiert, denen sie gerecht werden müssen: ESG-Anforderungen, also Anforderungen in den Bereichen Umwelt (Environment), Gesellschaft (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) zu erfüllen, ist für die Unternehmen in der Tat bereits keine Kür mehr, sondern Pflicht. Darüber hinaus aber hat sich diese Fähigkeit zu einem Eckpfeiler des Unternehmenserfolgs entwickelt. So gaben einer Untersuchung von Deloitte Insights zufolge 59 Prozent der befragten Unternehmen an, dass ESG einen positiven Effekt auf ihr Wachstum und 51 Prozent auf ihren Umsatz habe. Auslöser und Basis von ESG sind gesellschaftliche Erwartungen, von Aktionären, Stakeholdern, institutionellen Anlegern und Kunden gleichermaßen, die weit über die rein ökonomische Dimension hinausgehen. Es verwundert daher nicht, dass Unternehmen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, bei ihren Kunden, aber auch bei ihren Kapitalgebern und Anteilseignern beliebter sind und deshalb wie im Fall eines ordentlichen Risikomanagements bessere Aussichten auf Wachstum und Ertrag haben.
Hinzu kommen ESG-Auflagen der Aufsichtsbehörden: Die Finanzinstitute müssen unter Beweis stellen, dass sie für Herausforderungen wie Klima- und Umweltrisiken im Rahmen ihrer Risikomanagementprozesse gerüstet sind. So hat beispielsweise die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ein Diskussionspapier zur Rolle von Umweltrisiken im aufsichtsrechtlichen Rahmen für Kreditinstitute und Investmentfirmen veröffentlicht. Und auch die Europäische Kommission ist mit an Bord: Ihre Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) wurde eingeführt, um die Transparenz auf dem Markt für nachhaltige Anlageprodukte zu verbessern, Greenwashing zu verhindern und die Transparenz von Nachhaltigkeitsaussagen der Finanzmarktteilnehmer zu erhöhen.
ESG-Regularien sind deshalb so herausfordernd, weil sie mehrdimensional sind. Neben Umweltvorschriften beinhalten sie eine Fülle weiterer Auflagen wie etwa der Bekämpfung von Geldwäsche (AML) und Menschenhandel, der Sorgfaltspflicht gegenüber Lieferanten oder Maßnahmen für eine bessere Cybersicherheit.
ESG-Management: Daten sind der Schlüssel
ESG-Erwartungen zu erfüllen und wie Risiken zu managen erfordert einen Grad an Datenagilität und -flexibilität, der für manche Finanzinstitute eine Herausforderung darstellt. Es ist das Eine, über eine gut gemeinte ESG-Agenda zu verfügen. Sie umzusetzen und lückenlos sowie automatisch zu dokumentieren ist hingegen etwas völlig Anderes. Um bei einem so vielschichtigen Thema wie ESG vorne mit dabei zu sein, braucht es einen Grad an abteilungsübergreifender Koordination, zu dem viele Banken nicht imstande sind. Der Grund dafür sind in der IT isolierte Silos aus Anwendungen und Systemen, die jeweils nur Teile von Geschäftsprozessen unterstützen. Mit anderen Worten: Es fehlen durchgängige Abläufe ohne Medienbrüche, in denen die Verantwortlichen egal an welcher Stelle im Prozess einen vollständigen Überblick über sämtliche relevanten ESG-Daten haben.
Deloitte hat das Datenmanagement als einen der Schlüssel für eine erfolgreiche ESG-Strategie identifiziert. Wer hier glänzt, hat laut Marktforschern einen wichtigen Wettbewerbsvorteil sicher. Im Detail nennt Deloitte drei Bereiche, in denen sich Unternehmen von ihren Mitbewerbern absetzen können:
- Sie sollten Daten ganzheitlich und integriert managen und analysieren, um die Umweltverträglichkeit ihrer geschäftlichen Aktivitäten zu messen und zu steigern.
- Die dafür genutzte Technik sollte strategisch auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein,
- die ganze Wertschöpfungskette transparenter machen und dadurch die verantwortungsvolle Unternehmensführung insgesamt stärken.
Der Schlüssel, um diese Herausforderung in eine Chance zu verwandeln, liegt in der Datenarchitektur der Finanzinstitute: Eine sogenannte ereignisgesteuerte Architektur (EDA) reißt die Mauern der verschiedenen Silos nieder und ermöglicht eine schnelle und skalierbare Verwaltung von Daten aus den unterschiedlichsten Quellen. Eine EDA bietet Datenzugriff in Echtzeit, sodass die Unternehmen immer der augenblicklichen Situation entsprechend reagieren können. Eine EDA besteht aus einer harmonisierten Datenschicht, und enthält alle notwendigen APIs, um auf die verschiedenen Datentöpfe zuzugreifen. Durch diesen Zugriff in Echtzeit und einen stets vollständigen Überblick über sämtliche relevanten Daten ermöglicht eine EDA den Banken, auf Geschäftsereignisse im Moment ihres Eintretens vollständig informiert und daher adäquat zu reagieren – ob es sich dabei nun um einen Kontakt mit einem Kunden in einem der verschiedenen Kanäle handelt, der eine Antwort erfordert, oder um das Risiko, eine gesetzliche Anforderung zu verletzen.
Folgendes Beispiel mag die Funktionsweise und Vorteile einer EDA verdeutlichen: Erfährt die Bank im Gespräch mit einem Kunden, der einen Hypothekarkredit beantragt hat, dass dieser Kunde vorhat, den alten Boiler seiner Immobilie gegen einen neuen energiesparenderen auszutauschen, löst diese Information als Ereignis automatisch eine Neubewertung des Kreditausfallrisikos aus. Ist die Bonität zufriedenstellend, kann die Bank dem Kunden den Kredit zu einem Vorzugszins anbieten. Sie erfüllt damit zwei Ziele auf einmal: Sie hat ihre Risiken im Griff und hilft gleichzeitig beim Umweltschutz. Das freut nicht nur den Kunden, sondern auch die Aktionäre und Aufsichtsbehörden. Denn die Bank kann auf Knopfdruck aufzeigen, wie sie einerseits die Kundenbindung gestärkt und gleichzeitig ESG-Vorgaben erfüllt hat. So wird ESG aus einer als lästig und ressourcenintensiv empfundenen Pflicht gleichsam ganz nebenbei zum Produkt einer guten Unternehmensführung.
Darüber hinaus kann ein Geldinstitut, das seine ESG-Verantwortung ernst nimmt, die Dokumentation dazu benutzen, gegenüber seinen Kunden die Nachhaltigkeit seiner Geschäftsaktivitäten zu demonstrieren. Über den konkreten Einzelfall hinaus erfüllen die Banken dadurch die Erwartungen der Gesellschaft, in der sie tätig sind. Außerdem liefern ESG-Unternehmen Investoren, die ihren Geldgebern ESG-konforme Investitionen schmackhaft machen wollen, starke Argumente für den Erfolg solcher Engagements. Umgekehrt profitieren die Unternehmen wieder von einem leichteren Zugang zu finanziellen Mitteln oder anderen Anreizen, die Wachstum und Ertragskraft unterstützen.
ESG ist Teil der digitalen Transformation
Eine ereignisgesteuerte Architektur mit Data Fabric steht zudem im Einklang mit anderen Bereichen der digitalen Transformation, an denen Banken und Versicherer aktuell arbeiten. Auch hier wieder ein Beispiel: Digitale Zwillinge von Produkten, Maschinen und Anlagen, aber auch von Dienstleistungen und Prozessen erlauben die Simulation von neuen Ideen, Erfindungen oder Abläufen. Wegen der damit verbundenen Komplexität können die Unternehmen nur schlecht vorhersagen, ob sich mit diesen Veränderungen die Firmenziele allgemein und die ESG-Ziele im Besonderen besser erreichen lassen. Simulationen mithilfe von digitalen Zwillingen bieten hier eine neue Art von Risikofolgenabschätzung und damit eine bessere Planbarkeit erfolgreicher Veränderungen. Resilientere und besser gemanagte Prozesse sind die Folge.
Doch digitale Zwillinge und darauf aufbauende Simulationen sind nichts ohne den sofortigen und vollständigen Zugriff auf die erforderlichen Daten aus den unterschiedlichsten Systemen. Das soeben fertiggestellte Modell eines digitalen Zwillings zu einem neuen Produkt kann als Ereignis automatisch die Simulation zu dessen Rückwirkungen im Kaufverhalten der Kunden auf andere Produkte im Sortiment auslösen, während die EDA die Analyse- und Simulationssoftware automatisch mit harmonisierten Daten aus allen relevanten Töpfen versorgt und sie für die Nutzung harmonisiert.
ESG plus EDA: Es lohnt sich
Viele Finanzinstitute, die ihr Datenmanagement weiterentwickelt haben, ernten inzwischen die Früchte ihrer gestärkten ESG-Position. So konnte etwa die Australian Securities Exchange (ASX) durch diesen Ansatz die Zahl ihrer kundenrelevanten Sicherheits- und regulatorischen Vorfälle um 30 Prozent senken.
Eine EDA kann das fehlende Puzzlestück sein, das einem Unternehmen hilft, die einzelnen Versatzstücke in seinem Datenmanagement zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. Als Lohn winken ein optimierter und resilienter Geschäftsbetrieb sowie ein völlig neuer Unternehmensauftritt in Sachen Risikomanagement und ESG. Das dafür notwendige Informations- und Wertschöpfungspotenzial ihrer Daten erschließen die Unternehmen am besten mithilfe einer EDA.
Autor: Richard Price, Head of FSI, UK&I, bei Tibco.