Klimaneutrales Portfolio

Klimaneutrales Portfolio: ESG, Geldwäsche und der Weg dorthin

Nachhaltigkeit und Geldwäsche sind zwei Abteilungen, die bei Banken für gewöhnlich in weit voneinander entfernten Stockwerken arbeiten und keine Berührungspunkte haben. Schade eigentlich, denn was sie eint, ist die notwendige Detektivarbeit: “follow the money” ist in beiden Disziplinen der Schlüssel zum Erfolg – auch für ein Klimaneutrales Portfolio.

Vom Stichwort Finanzbetrug bis zur Antwort “Wirecard” ist es nicht weit. Der Skandal, der mit dem Beginn des ersten Gerichtsprozesses im Dezember 2022 endgültig in der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit angekommen war, ist einer der größten Bilanzbetrüge der deutschen Nachkriegsgeschichte und wird noch lange in Erinnerung bleiben. Seine Enthüllung hat die internationale Finanzszene erschüttert und sogar die Schaffung neuer Aufsichtsinstanzen ausgelöst: Im “Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF)” sollen ab 2025 alle Aktivitäten gebündelt werden, damit künftig mit mehr Schlagkraft gegen Geldwäsche, illegale Finanzströme oder die Umgehung von Sanktionen vorgegangen werden kann.

Klimaneutrales Portfolio:Follow the money?

Die entscheidende Maxime bei der Aufdeckung des Wirecard-Falls war im Kern simpel: “follow the money” – verfolge das Geld. In akribischer, journalistischer Detektivarbeit wurden über Jahre hinweg Zahlungsströme nachvollzogen und mit Personen in Verbindung gebracht, Netzwerke aufgedeckt und schließlich hochkomplexe Machenschaften, die mit beträchtlichem Aufwand versucht wurden zu verschleiern, gestoppt.

Auch das BBF hat sich groß auf die Fahnen geschrieben sich die “Spur des Geldes” zu Nutze zu machen. Statt wie bei anderen Strafverfolgungsbehörden wird nicht ausgehend von Vortaten ermittelt, sondern bereits dann, wenn verdächtige Finanzströme erkannt wurden. So erhofft man sich konsequentere Verfolgung und Ermittlungstätigkeiten, bei der auch die professionell agierenden Hintermänner, also die “großen Fische”, ins Netz gehen.

Follow the money: der Remix

Szenenwechsel von Bundesbehörde zu einer Bank, Abteilung Nachhaltigkeit. Spätestens seit 2021 steht fest, dass sich der Finanzsektor mit ESG, also den Regularien rund um Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) auseinandersetzen muss, ausgelöst beispielsweise durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD oder die EU-Taxonomie. Bei der Transformation hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft spielt die Branche eine entscheidende Rolle: Finanzinstitute sind diejenigen, die am längsten Hebel sitzen und entlang fest definierter ESG-Kriterien entscheiden können, welche Firmen und Geschäftsmodelle sie finanzieren und welche eben nicht, welchen Unternehmen sie durch Transition Finance auf den Weg hin zur Klimaneutralität auf die Sprünge helfen oder welche sie auf lange Frist nicht mehr zu ihren Kunden zählen wollen.

Um diese Entscheidungen treffen zu können, brauchen Banken vor allem eines: Transparenz über die Zusammensetzung ihres Portfolios. Nur wer weiß, wohin das eigene Geld fließt und wofür es eingesetzt wird, kann faktenbasiert handeln.

Gemerkt? Da ist er wieder, der Ansatz von “follow the money”. Auch auf dem Weg zum grünen Portfolio (Klimaneutrales Portfolio) geht es darum, Geldströme im Detail nachzuverfolgen, statt sich nur mit oberflächlichen Informationen zufrieden zu geben. Wichtig ist das, weil sich hinter vermeintlich harmlosen Fassaden das Gegenteil verbergen kann. Oder eben andersrum, wie es bei Saudi Aramco der Fall ist: Die weltweit größte Erdölfördergesellschaft ist als einer der größten Umweltsünder bekannt, gleichzeitig setzt sie aber vermehrt auf erneuerbare Energien und startet damit die Transition, d.h. den Weg zur klimaneutralen Zukunft seines Geschäftsmodells. Wer nur nach dem Namen geht, springt zu kurz und hätte Saudi Aramco vermutlich aus dem Portfolio genommen – und ihnen dabei gänzlich den Transformationswillen abgesprochen.

 Ein langer Weg

Ob nun bei der Aufdeckung von Betrugsfällen wie dem Wirecard-Skandal oder der Förderung eines Klimaneutrales Portfolio, Geldströme weisen uns in beiden Disziplinen den Weg. Mit dieser Erkenntnis steht fest, dass wir die Herausforderungen unserer Welt, die so komplex und vielschichtig ist wie nie zuvor, nur dann lösen werden, wenn wir genau hinsehen. Wenn wir bereit sind, zu hinterfragen und nach Ursachen zu suchen, statt sich mit Symptomen zufrieden zu geben. Das ist nicht immer einfach, aber wenn unsere Gesellschaft dadurch letztlich gerechter und nachhaltiger wird, dann ist das den Aufwand ganz bestimmt wert.

Autor

  • Maria Patschke

    Maria Patschke ist CEO von SAP Fioneer ESG Solutions. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützt sie Finanzdienstleister dabei, die notwendigen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, Möglichkeiten für nachhaltige Transformation zu identifizieren und datengestützte Entscheidungen für Investitionen, Kredite und Net Zero-Steuerung zu treffen. Maria hat im Venture Capital und im Investment Banking Erfahrungen im Bereich ESG gesammelt, sowie eine Plattform für Unternehmensfinanzierung aufgebaut.

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