Klimawandel Finanzwesen

Der Klimawandel hat Folgen – auch für das Finanzwesen

Klimawandel, Finanzwesen und Nachhaltigkeit sind in den letzten Jahren zu einem dringlichen Thema geworden. Auch Finanzexperten befassen sich zunehmend mit Klimaszenarien, da diese Einfluss auf das Geschäft und die Reputation von Banken haben, die sich auf die steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen der Kunden einstellen möchten. Klimaszenarien auch konkret in bestehende Risikomanagementstrukturen zu integrieren, fällt vielen Finanzinstituten jedoch nach wie vor schwer.

Das Thema Risikobewertung ist in der Finanzwelt nicht neu, allerdings ist es wichtiger denn je, Bewusstsein für die finanziellen Konsequenzen des Klimawandels zu schaffen. In unserem Sprachgebrauch ist der Begriff Risiko negativ besetzt. Im Risikomanagement jedoch bedeutet er einfach, sich auf zukünftige Ereignisse einzustellen. Risiken sind zunächst einmal alle externen Faktoren, die von außen auf Unternehmen, Banken und Investoren einwirken.

Klimawandel und Finanzwesen: Was sind Klimaszenarien?

Ein Beispiel für Realisationen von Klimarisiken sind Extremwetterereignisse, die in den letzten Jahren zugenommen haben. Im Risikomanagement unterscheidet man zwischen physischen Risiken, also wenn zum Beispiel Starkregenereignisse zunehmen, und transitorischen Risiken, denen wir ausgesetzt sind, wenn wir uns als Gesellschaft und Wirtschaftsraum in Richtung einer kohlenstoffarmen beziehungsweise kohlenstofffreien Wirtschaft bewegen. Physische Risiken werden in einem weiteren Schritt in akute oder chronische Risiken eingestuft, die beide teilweise zu enormen Folgekosten und Übergangsprozessen führen. Ein Beispiel wäre, wenn es jeden Herbst zu Starkregen kommt. Die daraus resultierenden Überschwemmungen sind zwar lokal begrenzt, können aber erhebliche Schäden verursachen.

Wenn beispielsweise ein kleines, innovatives Unternehmen eine Fertigungs- und Betriebshalle baut, die durch starke Regenfälle überraschend überschwemmt wird und die Produktion deshalb über Monate nicht weiterführen kann, hat dies zwangsläufig Einfluss auf den Umsatz und damit auf den laufenden Kredit bei einer Bank. Das ist dann ein Zusammenhang zwischen Klimawandel und Finanzwesen. Der Betrieb ist damit auch einem akuten physischen Risiko ausgesetzt, das sich eine verminderte Rückzahlungsfähigkeit auf das Kreditrisiko auswirkt. Natürlich sind Faktoren wie das Wetter teilweise unberechenbar. Aber es gibt Daten, die zeigen, dass gewisse Regionen tendenziell eher von Starkregen betroffen sind als andere. Das bedeutet nicht automatisch, dass Betriebe in diesen Regionen keine Kredite mehr erhalten, aber die Risikofaktoren können von der Bank identifiziert und kalkuliert werden.

Auch chronische Risiken werden immer realistischer: Die Ausweitung von Wüstengebieten oder die Tatsache, dass klassische Nutzpflanzen in Mitteleuropa nicht mehr so gut gedeihen wie früher, haben langfristige Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Auch der Anstieg des Meeresspiegels zählt in diese Risikokategorie und beeinflusst den Wert von Immobilien an der Küste. Banken und die Finanzwelt im Allgemeinen sind durch die positive Lenkungswirkung der Kreditvergabe ein wichtiger Hebel für die grüne Transformation.

Im Moment mag es noch möglich sein, die finanziellen Risiken des Klimawandels zu ignorieren, beziehungsweise Klimawandel und Finanzwesen zu trennen. Das Risiko verschwindet dadurch aber nicht. Klimarisiken nicht ernst zu nehmen, ist, wie mit verbundenen Augen durch die Welt zu gehen. So ist es unmöglich, Herausforderungen oder Hindernisse zu sehen, geschweige denn sie zu meistern. Beim Risikomanagement geht es darum, diese Augenbinde abzunehmen, um Probleme zu erkennen, messbar zu machen und dadurch auch angehen zu können. Die Taskforce on Climate Related Financial Disclosure (TCFD) hat beispielsweise schon vor Jahren damit begonnen, ein Rahmenwerk für Klimarisiken und deren Berichterstattung (TCFD Framework) zu entwickeln.

Wie können sich Banken vorbereiten?

Autor: Dr. Thomas Lederer, Solution Consulting Manager, Treasury & Capital Markets in Europa bei Finastra.

Vor allem kleinere Banken haben oft nicht die Mittel, eine eigene Abteilung für Klimarisikomanagement aufzubauen, wodurch ihnen möglicherweise Daten für die Identifizierung und Kalkulation von Risiken fehlen. Eine Lösung dafür sind beispielsweise die Nutzung von Klimarisikoszenarien, die von renommierten Forschungsinstituten erstellt (z.B. PIK – Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, IIASA – Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse) und von speziellen Interessensvertretungen der Bankenwelt für die Finanzbranche aufbereitet werden (z.B. NGSF – Network for Greening the Financial System). Diese Szenarien können Banken in ihr Risikomanagement integrieren. Es gibt auch FinTechs, die komplexere technische Klimaszenarien für den Finanzbereich aufbereiten, Risikomanagement-Tools und breitere ESG-Datensätze anbieten. APIs bieten eine moderne Technologie, um die Services und Daten dieser FinTechs kosteneffizient in bankeigene Systemlandschaften zu integrieren.

Um jedoch Klima- und alle Arten von Risiken heute und in Zukunft wirksam zu verwalten und abzumildern, müssen die Banken ihre Systeme aufrüsten. Durch Investitionen in die richtigen Technologielösungen können Finanzinstitute leistungsstarke Risikoanalysen und Echtzeit-Risikoerfassung nutzen, um fundiertere Entscheidungen zu treffen. Mit offenen Finanz- und Ökosystemen wird insbesondere das Management von Klimarisiken effektiver und effizienter.

Durch die Integration von Technologien und Anwendungen, die Zugang zu umfassenderen Klimadatensätzen bieten, erhalten Banken beispielsweise detailliertere Einblicke in die Risiken, die sich auf den jeweiligen Kunden auswirken können, an den sie Kredite vergeben. Mit Technologien wie KI und generativer KI können die Institute diese Daten besser analysieren, um die Risikomodellierung, die Planung von Klimawandelszenarien und letztlich die Entscheidungsfindung zu verbessern.

Risikomanagement bedeutet, ein Bewusstsein für die Folgen des Klimawandels zu entwickeln und zu nutzen, um den Einfluss von Klimaszenarien auf das Portfolio, die Abschätzung von Gewinnen, Verlusten, Wertminderungen oder Wertsteigerungen im Detail zu betrachten, mögliche Entwicklungspfade im Auge zu behalten und so für die Zukunft gerüstet zu sein. In der Vergangenheit war diese Art der Risikobewertung bei der Kreditvergabe nicht üblich, aber angesichts des schnell voranschreitenden Klimawandels ist es für Banken höchste Zeit, sich darauf vorzubereiten, um bei der Kreditvergabe nachhaltig und wettbewerbsfähig agieren zu können.

Autor