KI

CO₂-Fußabdruck von Künstlicher Intelligenz wird vernachlässigt

In der modernen Finanzindustrie sind künstliche Intelligenz (KI) und ökologische Nachhaltigkeit längst keine Gegensätze mehr. KI unterstützt Banken dabei, effizienter zu arbeiten und neue Services zu entwickeln. Besonders im Bereich Sustainable Finance bietet sie entscheidende Vorteile: etwa bei der präzisen ESG-Bewertung (Environmental, Social, Governance) oder der Modellierung von Klimarisiken in Portfolios. Doch wie nachhaltig sind KI-Anwendungen selbst? Ohne eine ressourcenschonende Architektur droht der Fortschritt zur Belastung für die Umwelt zu werden.

Wie können Finanzinstitute technische und architektonische Entscheidungen nutzen, um KI nachhaltig zu gestalten? IT-Architekten und Nachhaltigkeitsverantwortliche erfahren, wie Datenmanagement, Entwicklungsprozesse, Training und Inferenz optimiert werden können, um den CO₂-Fußabdruck zu reduzieren.

Warum KI anders ist

Green IT ist ein etabliertes Konzept. Rechenzentren und Software können effizienter betrieben werden. Doch KI unterscheidet sich in ihrem Ressourcenverbrauch deutlich von klassischer Software: Sie benötigt große Datenmengen, durchläuft einen experimentellen Entwicklungsprozess, erfordert rechenintensive Trainingsphasen und verursacht im laufenden Betrieb durch Inferenzprozesse weitere Belastungen.

Die zentrale Frage lautet: Welche Maßnahmen bieten den größten Return on Investment (ROI) für ökologische Nachhaltigkeit? Hierbei sind es nicht inkrementelle Optimierungen, sondern strategische, architektonische Entscheidungen, die den Unterschied machen.

Daten: Der blinde Fleck der KI

Datenmanagement ist ein oft übersehener Aspekt der KI-Nachhaltigkeit. Schätzungen zufolge werden nur etwa ein Drittel aller gesammelten Daten tatsächlich genutzt. Dies führt nicht nur zu Umweltkosten durch Speicherung und Verarbeitung, sondern auch zu geringerer Datenqualität.

Nachhaltigkeit beginnt hier: Finanzinstitute sollten definieren, welche Daten wirklich benötigt werden, und den Rest effizient archivieren oder löschen. Ressourcenschonung durch gezielte Datenstrategie ist ein essenzieller Schritt.

Experimente: Energiehungrige Entwicklungsprozesse

Im Gegensatz zu klassischer Software ist die Entwicklung von KI-Systemen oft nicht planbar. Zu Beginn eines Projekts ist häufig unklar, ob mit den vorhandenen Daten und Algorithmen sinnvolle Ergebnisse erzielt werden können. Diese Unsicherheit erfordert zahlreiche ressourcenintensive Experimente.

Ein ressourcenschonender Ansatz beginnt mit der Auswahl energieeffizienter Modelle. Benchmarks bieten Transparenz über die Effizienz von Algorithmen und Modellen. Eine bewusste Technologieauswahl reduziert nicht nur den Energieverbrauch in der Entwicklungsphase, sondern hat auch langfristige Auswirkungen auf die Architektur der finalen Anwendung.

Training: Smarte Planung und spezialisierte Hardware

Das Training von KI-Modellen ist besonders ressourcenintensiv. Dabei gibt es zwei entscheidende Hebel:

  • Spezialisierte Hardware: GPUs und AI-Accelerators sind wesentlich energieeffizienter als traditionelle CPUs. Die Nutzung solcher Hardware kann den Energieverbrauch deutlich senken.
  • Timing des Trainings: Durch die Anpassung an Zeitfenster mit hoher Verfügbarkeit erneuerbarer Energien können die CO₂-Emissionen um bis zu zwei Drittel reduziert werden. Diese Praxis ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch kosteneffizient. Abbildung 1 zeigt bespielhaft, dass die zeitliche Planung der Ausführung eines Workloads einen großen Unterschied machen kann.

Inferenz: Effizienz im täglichen Betrieb

Die eigentliche Nutzung eines fertig trainierten Modells – die Inferenz – macht meist den Großteil des Energieverbrauchs eines KI-Systems aus. Hier werden häufig Millionen von Anfragen pro Tag verarbeitet.

Eine einfache und effektive Methode zur Reduzierung des Verbrauchs ist Caching: Antworten auf wiederkehrende Anfragen oder bereits klassifizierte Datenpunkte werden gespeichert und wiederverwendet, anstatt sie erneut durch das Modell zu leiten. Dies reduziert den Energiebedarf erheblich und verbessert gleichzeitig die Performance.

KI als nachhaltige Chance

KI kann ein mächtiges Werkzeug für Nachhaltigkeitsziele sein, birgt aber Risiken, wenn sie nicht bewusst gestaltet wird. Datenmanagement, Entwicklung, Training und Inferenz bieten zahlreiche Hebel für nachhaltige Optimierung.

Für Finanzinstitute bedeutet dies: ökologische Nachhaltigkeit von Anfang an als Designprinzip in die Systemarchitektur zu integrieren. So wird KI nicht nur zum Werkzeug für ESG-Ziele, sondern selbst zum Vorbild nachhaltiger Innovation.

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