Carbon-Removal-Zertifikate

SEB setzt auf Carbon-Removal-Zertifikate aus Abfallverbrennung

Die SEB wurde von dem norwegischen Unternehmen Hafslund Celsio mandatiert, Carbon-Removal-Zertifikate für die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid aus der Müllverbrennungsanlage des Unternehmens in Oslo zu verkaufen. Es ist das erste umfassende Projekt dieser Art.

Hafslund Celsio ist Eigentümer und Betreiber des größten norwegischen Fernwärmenetzes, das sich im Großraum Oslo befindet. Wichtigste Wärmequelle ist die überschüssige Wärme aus der Abfallverbrennung. Ihre eigene Anlage in Klemetsrud am Stadtrand von Oslo ist die größte Müllverbrennungsanlage des Landes, in der jährlich schätzungsweise 350.000 Tonnen Abfall behandelt werden. Die Endbehandlung der Abfälle verursacht Kohlendioxid-Emissionen, sowohl fossile als auch biogene, in Höhe von ebenfalls rund 350.000 Tonnen pro Jahr. Die Anlage ist mit einem Anteil von 17 Prozent die größte Einzelquelle für fossile CO2-Emissionen in der Stadt Oslo.

Um die Emissionen zu verringern und die ehrgeizigen Klimaziele der Stadt Oslo zu erreichen, ist das Unternehmen – mit Unterstützung des norwegischen Staates und der Stadt Oslo – entschlossen, eine groß angelegte Anlage zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage – CCS) zu errichten, um das von der Anlage erzeugte Kohlendioxid abzufangen und dauerhaft zu speichern.

Projekte „Longship” und „Northern Lights”

Hafslund Celsio ist zusammen mit dem Zementhersteller Heidelberg Materials eine von zwei Abscheidungsanlagen im Rahmen der Initiative und des Projekts der norwegischen Regierung namens Longship. Longship ist Europas erste vollständige, offene Wertschöpfungskette für CCS, einschließlich Transport und dauerhafter Lagerung unter dem Meeresboden in der Nordsee durch das Projekt Northern Lights.

Northern Lights ist ein Joint Venture der Energieunternehmen Equinor, Shell und TotalEnergies. Northern Lights hat eine umfassende Transport- und Speicherlösung entwickelt und ist bereit, die ersten Lieferungen von flüssigem CO2 im Jahr 2024 entgegenzunehmen. Hafslund Celsio hat sich eine vom norwegischen Staat garantierte Kapazität bei Northern Lights gesichert, um das bei der Müllverbrennung abgeschiedene Kohlendioxid zu speichern.

Hafslund Celsio wird flüssiges CO2 mit emissionsfreien Lastwagen zu einem Zwischenlager im Hafen von Oslo transportieren. Der Transport- und Speicherbetreiber Northern Lights wird das abgeschiedene CO2 an Bord nehmen und verladen, bevor es zu seiner Anlage in Øygarden an der Westküste Norwegens fährt.

Biogenes Kohlendioxid

Etwa die Hälfte der in der Müllverbrennungsanlage in Klemetsrud endbehandelten Abfälle stammt aus biologischen Quellen wie Speiseresten, Papier, Pappe und Holz. Die Kohlendioxidemissionen, die bei der Verbrennung dieser Abfälle entstehen, sind biogen und Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs. Durch das Auffangen und Speichern dieser Emissionen wird der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen, was zu negativen Kohlenstoffemissionen führt.

Dies wird als Bio-CCS oder BECCS bezeichnet, und die EU-Kommission, die Vereinten Nationen und die Internationale Energieagentur betonen dessen große Bedeutung für das Erreichen der weltweiten Klimaziele. Die in Klemetsrud erzeugten Mengen an Kohlenstoffabbau werden streng gemessen und von einer dritten Partei wissenschaftlich überprüft.

Den Kohlenstoff-Fußabdruck reduzieren

Hafslund Celsio bietet Unternehmen nun die Möglichkeit, ihre Klimabilanz durch den Erwerb von sogenannten Carbon-Removal-Zertifikaten zu neutralisieren. Sie entsprechen einer bestimmten Menge an abgeschiedenem, biogenem CO2, die nach Inbetriebnahme der Anlage, die für 2028 geplant ist, abgegeben wird. Mit der Entscheidung für den Kauf von Carbon-Removal-Zertifikaten aus dem Projekt von Hafslund Celsio trägt der Käufer zu einer positiven finalen Investitionsentscheidung bei. Bei voller Kapazität wird die Klemetsrud-Anlage bis zu 175.000 Tonnen biogenes CO2 pro Jahr abscheiden und zusätzlich die fossilen Emissionen Oslos um 17 Prozent reduzieren.

„Wir bieten eine Lösung für Unternehmen, die nicht die Möglichkeit haben, alle ihre Emissionen zu reduzieren“, sagt Jannicke Gerner Bjerkås, Director CCS und Kohlenstoffmärkte bei Hafslund Celsio. „Dies betrifft nicht nur Schwerindustrien wie Stahl, Energie, Chemie, Zement und Luftfahrt, sondern fast alle Sektoren, die Scope-3-Emissionen verursachen. Durch den Kauf von Carbon-Removal-Zertifikaten können sie ihre schwer zu vermeidenden Emissionen neutralisieren und so ihre Klimaziele erreichen.”

Ein weiterer wesentlicher Anreiz für potenzielle Käufer könnte darin bestehen, künftige Kosten zu vermeiden, wenn der Preis im EU-Emissionshandelssystem steigt.

Aufstrebender Markt für Carbon-Removal-Zertifikate

Die SEB wurde nun mandatiert, die Carbon-Removal-Zertifikate von Hafslund Celsio an einen breiten Kreis potenzieller Käufer zu verkaufen. Die Bank ist Vorreiter auf diesem aufstrebenden Markt und hat bereits zuvor ein ähnliches Mandat vom norwegischen Projektentwickler Inherit Carbon Solutions erhalten.

Maximilian Brodin, Head of Commodities bei der SEB, ist der Auffassung, dass der Markt für Carbon Removal noch nicht ausgereift sei, aber viele Ähnlichkeiten mit etablierten Rohstoffmärkten aufweise. Er erwartet, dass sich Bio-CCS-Zertifikate allmählich zu liquiden Finanzinstrumenten entwickeln werden: „Hafslund Celsio ist ein Vorzeigeprojekt für negative Emissionen und wir freuen uns darauf, im Rahmen dieser Partnerschaft das CCS-Projekt unseren Unternehmenskunden in ganz Europa und weiteren Ländern vorzustellen, die sich für eine ehrgeizige Dekarbonisierung einsetzen. Negative Emissionen werden ein wichtiger Teil ihrer Lösung sein, um die schwierige letzte Meile auf dem Weg zu Net-Zero zu bewältigen.”

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