Vernachlässigte Ermöglicher einer nachhaltigen Zukunft
Während sich Unternehmen wie Anbieter erneuerbarer Energien und Hersteller von Elektrofahrzeugen im Rampenlicht sonnen, bleibt ein ganzer Sektor, der den Wandel zu einer nachhaltigen Welt vorantreibt, unter dem Radar der Öffentlichkeit: die Banken. Zu Unrecht, denn immerhin sind sie unverzichtbare Kapitalgeber und entscheidende Akteure dieses enormen Wandels. Eine vertane Chance.
Banken sind große Emittenten auf den globalen Anleihenmärkten und stellen einen wesentlichen Bestandteil der Anleihenindizes dar. In vielen Nachhaltigkeitsportfolios nehmen Sie bisher allerdings eine untergeordnete Rolle ein. Dabei bieten Finanzunternehmen erhebliche Anlagechancen für nachhaltigkeitsorientierte Investoren. Investoren mit Fokus auf festverzinslichen Anlagen steht eine Reihe von Anleihen-Instrumenten zur Verfügung, die sich über die gesamte Kapitalstruktur einer Bank erstrecken (im Gegensatz zur relativ begrenzten Auswahl an Bankaktien für Aktionäre). Dabei können sie zwischen konventionellen Anleihen von Banken – dazu zählen sowohl vorrangige als auch nachrangige Schuldtitel – und Nachhaltigkeitsanleihen (GSS) wählen.
Das Streben der Banken nach Nachhaltigkeit ist ein globales Phänomen
Als Akteure im Wandel zu einer nachhaltigen Welt stellen Banken Kapital für bestimmte grüne oder soziale Projekte zur Verfügung. Finanziert werden diese häufig mit GSS-Anleihen. Laut Bloomberg wurden Ende 2022 weltweit Titel im Wert von 367 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Damit stellen Banken einen erheblichen Anteil der nachhaltig investierten Geldmittel. In den meisten Ländern sind sogar Banken – und eben nicht die Kapitalmärkte – die Hauptfinanziers für nachhaltige Projekte. Sie sind nicht nur für die Umstellung auf saubere Energie und für Initiativen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von zentraler Bedeutung, sondern auch für umfassende positive soziale Veränderungen. Europäische Banken übernehmen bei nachhaltigen Finanzierungsinitiativen und der Emission von GSS-Anleihen eine Vorreiterrolle. Doch es gibt weltweit viele weitere Beispiele für die nachhaltige Kreditvergabe von Banken:
- Frauengleichstellung: Die Bank of Montreal (BMO) etwa leistete Pionierarbeit bei Anleihen zur Förderung des weiblichen Unternehmertums und emittierte 2021 eine Women-in-Business-Sozialanleihe, die auf das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG) 5: „Gleichstellung der Geschlechter“, SDG 8: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ und SDG 10: „Verringerung der Ungleichheit“ ausgerichtet ist. Die Erlöse werden an von Frauen geführte Unternehmen, einschließlich Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe, vergeben. Das erklärte Ziel besteht dabei darin, eine integrative Gesellschaft ohne Barrieren und eine florierende Wirtschaft zu unterstützen. Dazu soll die Unterstützung für Unternehmen in Kanada verdoppelt, die von Frauen geführt werden.
- Entwicklungstreiber: Itaú, eine große brasilianische Privat- und Geschäftsbank, war ein Vorreiter bei der Einführung von GSS-Anleihen in den Schwellenländern. Ihre nachhaltige Anleihe ist flexibel und finanziert erneuerbare Energien, Kleinstunternehmen und mittelständische Unternehmen in den ärmsten Regionen Brasiliens. Diese Anleihe dient auch als Vorlage für eine Partnerschaft zwischen Itaú und der International Finance Corporation (einer Abteilung der Weltbank), um weitere sozial orientierte Mittel nach Brasilien zu leiten. Die Anleihe steht in engem Zusammenhang mit SDG 8: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“.
- Übergang von Bankkrediten zu grünen Anleihen: Weltweit gibt es viele Beispiele für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, die zunächst von Banken finanziert und dann auf den Anleihenmärkten refinanziert werden. So unterstützte die Citibank seit Ende der 1990er-Jahre CMI Energía (den größten Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien in Mittelamerika) mit Bankkrediten in der Anfangsphase des Unternehmens. Die Kraftwerke für erneuerbare Energien sind relativ klein, und ihr individueller Finanzierungsbedarf kann eine grüne Anleihe nicht rechtfertigen. Nach einer Reihe von Krediten an CMI Energía zeichnete die Citibank im Jahr 2021 eine grüne Anleihe in Höhe von 700 Millionen US-Dollar auf den Kapitalmärkten. Dadurch konnte die Bank ihre Bilanz entlasten und weitere Kredite für nachhaltige Zwecke sowohl an CMI Energía als auch an andere Unternehmen vergeben.
Nachhaltigkeit fängt zu Hause an
Auch beim Thema Dekarbonisierung können umweltbewusste Banken als „führend“ gelten – und zwar nicht nur bei der Optimierung ihres eigenen CO2-Aussstoßes, sondern auch bei den vergebenen Titeln ihres Kreditbuchs sowie der Beratung und Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung ihrer Kunden. Gerade Niederländische Banken haben hier in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle übernommen. Die Rabobank etwa legt explizite Kriterien für die Bereitstellung grüner Finanzierungen fest. Die Bank besteht darauf, dass von ihr finanzierte Gebäude, die vor 2020 gebaut werden, „zu den besten 15 Prozent des nationalen Gebäudebestands auf der Grundlage des Primärenergiebedarfs gehören müssen“ oder, falls sie nach 2020 gebaut werden, einen Energieverbrauchswert aufweisen müssen, der „mindestens 10 Prozent unter dem Schwellenwert für die Anforderungen an Niedrigstenergiegebäude (,NZEB‘) auf dem lokalen Markt liegt“. Diese sehr direkten und spezifischen Regeln stehen im krassen Gegensatz zu den eher nebulösen Anforderungen an die Mittelverwendung der jüngsten grünen Anleihen-Emissionen von Industrieunternehmen.
Auch der lokale Konkurrent ING verfolgt eine umfassende nachhaltige Politik sowohl für die Unterstützung ihrer Kunden als auch das eigene Kreditbuch. Untermauert wird dies durch konkrete Ziele: Die neuen Finanzierungszusagen für erneuerbare Energien sollen bis Ende 2025 im Vergleich zu 2021 um 50 Prozent gesteigert werden; 100 Prozent ihres Gewerbeimmobilienportfolios sollen bis 2030 ein A-Energielabel haben; und der gesamte Kreditbestand soll bis 2050 oder früher Klimaneutralität erreichen. Ein weiteres Beispiel: ABN AMRO ist ein Vorreiter bei der Senkung der Kreditkosten für ihre Geschäftspartner, die sich Geld für Umweltzwecke leihen. Die Bank verpflichtet sich, das „Greenium“ – also die Kosteneinsparungen aus der Emission grüner und anderer ESG-zertifizierter Anleihen zu vorteilhaften Renditen – an die zugrunde liegenden Kreditnehmer weiterzugeben, was deren Gesamtprojektkosten verringert.
Viel erreicht, noch viel zu tun
Sicherlich leisten auch andere Finanzdienstleister einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Die Beispiele zeigen jedoch: Globale Banken sind von zentraler Bedeutung für die Weltwirtschaft und spielen eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung von Schwellen- und Industrieländern. Dabei haben Banken eine unübertroffene Reichweite: Geschäftsbanken in öffentlichem Besitz können regionale Unternehmen unterstützen, die für die Kapitalmärkte zu klein sind. Multilaterale Entwicklungsbanken, die ohne öffentliches Eigenkapital arbeiten, können hingegen Entwicklungsländern günstige oder kostenlose Kredite und/oder Kredite für nachhaltige Zwecke zur Verfügung stellen.
Ein gutes Beispiel dafür ist die jüngste Galapagos-Anleihe zum Schutz der Meere („Blue Bond“), die von Ekuador ausgegeben wurde, um Schäden durch Naturverschmutzung zu kompensieren. Sie ist durch eine Garantie der Interamerikanischen Entwicklungsbank und eine Versicherung gegen politische Risiken der U.S. International Development Finance Corporation abgesichert. Während umweltbewusste Banken bei der Förderung des nachhaltigen Fortschritts das Tempo vorgeben, muss noch viel getan werden, um bewährte Praktiken in diesem Sektor weltweit zu verbreiten. Investoren, die eine nachhaltige Welt anstreben, müssen mit dem Management der Banken zusammenarbeiten, um schnellere Fortschritte zu erzielen.