Finanzierung in Entwicklungsländern – die Rolle von Banken
In einer nach wie vor globalisierten, aber zunehmend fragmentierten Welt stehen Schwellen- und Entwicklungsländer weiterhin im Fokus der deutschen Wirtschaft. Mit ihrer jungen Bevölkerung, ihren natürlichen Ressourcen und wachsenden Märkten bieten sie enormes Potenzial für Investitionen und Handel.
Gleichzeitig stehen diese Länder vor großen Herausforderungen: Die Folgen des Klimawandels, Armut, politische Instabilität sowie Defizite bei Bildung und Infrastruktur stellen häufig eine enorme Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Diese auf stabile Füße zu stellen und eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, ist ein Ziel, dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland verschrieben hat. Der Finanzsektor und insbesondere die privaten Banken spielen dabei eine wichtige Rolle. Doch wie genau können sie unterstützen?
Finanzierung von Infrastruktur und nachhaltigen Projekten
Eine der größten Hürden in vielen dieser Entwicklungs- und Schwellenländer ist der Mangel an moderner Infrastruktur – ob Straßen, Energieversorgung oder digitale Netzwerke. Hier können private Banken einen Beitrag leisten, indem sie die Finanzierung für große Projekte bereitstellen, etwa für Schulen, Krankenhäuser oder Energieanlagen. Investitionen dieser Art schaffen nicht nur Arbeitsplätze vor Ort, sondern sorgen auch dafür, dass die Menschen besseren Zugang zu Bildung und Versorgung erhalten.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist das Caculo Cabaça Wasserkraftwerk in Angola. Der deutsche Technologiekonzern Voith hat das 2.172-MW-Wasserkraftwerk mit modernster Technologie ausgestattet, während ein Konsortium unter der Führung privater Großbanken ein passendes Finanzierungskonzept entwickelt hat. Dank einer staatlichen Exportkreditgarantie von Euler Hermes konnte das Projekt zusätzlich durch die Bundesregierung abgesichert werden, was die wirtschaftlichen und politischen Risiken reduzierte. Dieses Großprojekt verbessert nicht nur die Energieversorgung in Angola erheblich, sondern zeigt auch, wie private Banken gemeinsam mit deutschen Exporteuren und staatlichen Exportkreditgarantien nachhaltige Entwicklung fördern können – eine Win-win-Situation für beide Seiten.
Unterstützung des internationalen Handels durch Handelsfinanzierung
Damit Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländer wachsen können, brauchen sie Zugang zu globalen Märkten und ausländischer Technologie. Hier spielt die Handelsfinanzierung eine entscheidende Rolle, da sie den internationalen Handel sicher und planbarer macht. Private Banken bieten verschiedene Instrumente an, um den Handel zu erleichtern und Risiken zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem Akkreditive, Garantien und Supply-Chain-Finanzierungen.
Akkreditive, auch Letter of Credit (LC) genannt, sind dabei besonders wichtig. Sie schützen sowohl den Exporteur als auch den Importeur. Beispiel: Ein Importeur in Kenia möchte deutsche Maschinen kaufen und eröffnet bei seiner Bank ein Akkreditiv. Dieses garantiert die Zahlung an den deutschen Exporteur, sobald die Maschinen geliefert und alle erforderlichen Dokumente vorgelegt wurden. Die Bank des deutschen Exporteurs prüft diese Dokumente und sorgt für die Auszahlung, wenn alles den Bedingungen entspricht. Dadurch wird das Risiko für beide Seiten deutlich reduziert und Vertrauen geschaffen.
Auch kurzfristige Finanzierungen innerhalb der Lieferkette, wie Factoring oder Supply-Chain-Finanzierungen, spielen eine wesentliche Rolle. Sie geben Unternehmen die Möglichkeit, sofort Liquidität zu erhalten, sobald Waren geliefert sind, anstatt auf die Zahlung des Käufers zu warten. Solche Maßnahmen machen den Handel stabiler und sicherer und helfen Unternehmen in Entwicklungsländern, sich international zu behaupten. In einer Studie von 2017 hat das ZEW ermittelt, dass rund 90 Prozent des deutschen Exports von einer privaten Bank begleitet werden.
Zugang zu Kapital und der Aufbau eines stabilen Finanzsystems
Eine weitere große Herausforderung für viele Entwicklungs- und Schwellenländer ist das Fehlen gut entwickelter Finanzsysteme. Oft gibt es nur wenige lokale Banken und diese haben häufig nicht genügend Kapital oder Devisenreserven, um größere Investitionen oder langfristige Projekte zu finanzieren. Dies erschwert es Unternehmen und Start-ups, an Kredite zu kommen, und bremst so das Wirtschaftswachstum.
Hier spielt das Korrespondenzbankensystem eine entscheidende Rolle. Es verbindet lokale Banken in Entwicklungsländern mit internationalen Banken, die über mehr Kapital und globales Fachwissen verfügen. Korrespondenzbanken agieren als Vermittler, wenn eine lokale Bank internationale Zahlungen abwickeln oder ihren Kunden globale Finanzdienstleistungen anbieten möchte. Durch diese Zusammenarbeit können lokale Banken auf internationale Finanzmärkte zugreifen, was ihren Kunden – beispielsweise Exportunternehmen – zugutekommt. Obwohl deutsche und europäische Banken ihr Korrespondenzbankensystem aufgrund gestiegener regulatorischer Anforderungen in den letzten Jahren zurückgefahren haben, bleibt es ein wichtiger Baustein, um den Geldfluss mit außereuropäischen Ländern sicherzustellen und Risiken wie Währungsschwankungen besser zu managen. Partnerschaften mit Entwicklungsbanken wie der African Development Bank oder der Afrexim Bank unterstützen zudem die Entwicklung passender Finanzierungsmodelle, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Länder zugeschnitten sind.
Synergien zwischen Entwicklungshilfe und Außenwirtschaftsförderung
Deutschland bietet eine Vielzahl staatlicher Instrumente, zum einen um deutsche Unternehmen im Ausland zu fördern (Außenwirtschaftsförderung), zum anderen um die Entwicklung des Landes vor Ort zu unterstützen (Entwicklungszusammenarbeit). Doch um die besten Ergebnisse zu erzielen, sollten diese Maßnahmen besser aufeinander abgestimmt werden. In der politischen Diskussion wird dabei häufig von einem „Team Deutschland“-Konzept gesprochen, und auch wir plädieren in einem aktuellen Positionspapier für eine aktivere Gestaltung dieser Idee: Es soll die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Banken und der Bundesregierung fördern, um Projekte zu realisieren, die sowohl wirtschaftliche als auch soziale Vorteile bieten. Das Wasserkraftprojekt in Angola ist nur eines von vielen positiven Beispielen. Eine engere Verzahnung bietet deutlich mehr Potenzial und wird angesichts des steigenden globalen Wettbewerbs in Schwellen- und Entwicklungsländern immer notwendiger, um nachhaltige Entwicklung zu fördern und deutsche Interessen zu sichern.
Warum das alles wichtig ist
Die Herausforderungen und Chancen in Schwellen- und Entwicklungsländern sind groß. Die Vereinten Nationen haben mit ihren Sustainable Development Goals (SDGs) ehrgeizige Ziele gesetzt, um bis 2030 weltweit nachhaltige Entwicklung zu fördern. Dazu gehören unter anderem die Bekämpfung von Armut (SDG 1), der Zugang zu sauberer Energie (SDG 7), die Förderung menschenwürdiger Arbeit und wirtschaftlichen Wachstums (SDG 8) sowie der Aufbau einer widerstandsfähigen Infrastruktur (SDG 9). Diese Ziele können jedoch nur erreicht werden, wenn Regierungen, Unternehmen und Banken eng zusammenarbeiten.
Private Banken sind keine Entwicklungsbanken und handeln im Rahmen geschäftspolitischer Interessen. Dennoch können sie mit ihren Finanzierungsmodellen und ihrer Expertise dazu beitragen, die Entwicklungsziele zu erreichen, insbesondere dort, wo kommerzielle Ansätze möglich und sinnvoll sind. Dabei ist entscheidend, Entwicklungsprojekte so zu gestalten, dass sie langfristig wirken und gleichzeitig die Eigenständigkeit der betroffenen Länder fördern. Nur durch gemeinsames Engagement können die SDGs erreicht und kann eine gerechtere, zukunftsfähige Welt gestaltet werden.
In unserem aktuellen Positionspapier „Team Deutschland: Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik als gemeinsame Aufgabe verstehen“ gehen wir auf weitere Lösungsansätze detaillierter ein.