Dekarbonisierungsrate

Globale Dekarbonisierungsrate stagniert auf niedrigstem Niveau

Die niedrige Dekarbonisierungsrate von 1,02 Prozent im Jahr 2023 droht die Gewinne aus dem Wachstum erneuerbarer Energien zunichtezumachen. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in der diesjährigen Ausgabe ihres „Net Zero Economy Index“.

Die Studie verzeichnet den geringsten Rückgang des CO2-Ausstoßes seit 2011. Zugleich ist die erforderliche Dekarbonisierungsrate, um die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 °C zu begrenzen, auf 20,4 Prozent  pro Jahr angestiegen (im Vorjahr: 17,2 %). Zum Vergleich: Die höchste jährliche Dekarbonisierungsrate, die je von einem G20-Land erreicht wurde, betrug 11,08 Prozent  in Frankreich im Jahr 2014.

Kollektive Trägheit verursacht Schäden in Billionenhöhe

Der Fortschritt stagniert zu einer Zeit, in der die globalen Temperaturen gefährlich nahe an das 1,5-Grad-Ziel heranrücken: 2023 lagen die Temperaturen durchschnittlich 1,43 °C über dem vorindustriellen Niveau. „Eine Überschreitung von 1,5 °C ist wahrscheinliche Realität“, sagt Gunther Dütsch, Partner im Bereich Nachhaltigkeitsberatung und Experte für die Net-Zero-Transformation bei PwC Deutschland. „Selbst um die Erwärmung auf 2 °C zu begrenzen wäre ein jährliche Dekarbonisierungsrate von 6,9 Prozent  erforderlich. Ein Quantensprung aus heutiger Sicht.“ Laut Schätzungen des IPCC würde die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 statt 2 °C bis Mitte des Jahrhunderts 8,1 bis 11,6 Billionen USD an Schäden vermeiden.

Steigende Energienachfrage übertrifft Ausbau der erneuerbaren Energien

Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Im vergangenen Jahr wurde ein weiterer Rekordanstieg der erneuerbaren Energiekapazität verzeichnet, wobei die gesamte installierte Kapazität laut World Energy Outlook 2023 der Internationalen Energieagentur von 2022 bis 2023 um 14 Prozent  auf 3.870 Gigawatt stieg. Setzt sich der Trend fort, könnte sich die Kapazität erneuerbarer Energien in den nächsten fünf Jahren demnach fast verdoppeln und Kohle bis 2025 als größte Stromquelle weltweit überholen. Ein Lichtblick, aber kein Grund zur Entwarnung: Denn trotz dieses Fortschritts übertrifft das Wachstum der Energienachfrage weiterhin den Ausbau erneuerbarer Energien. Damit bleiben fossile Brennstoffe die dominierende Energiequelle. „Wirtschaftliche Herausforderungen wie Inflation, geopolitische Spannungen und steigende Zinssätze erschweren die Abkehr von fossilen Brennstoffen“, sagt Dütsch. „Dem müssen wir entschlossen mit Maßnahmen in den Bereichen Energieeffizienz und Nachfragemanagement entgegentreten.“

Notwendige Unterstützung für Schwellen- und Entwicklungsländer

Im Fokus der Studie steht auch die Diskrepanz zwischen entwickelten und sich entwickelnden Nationen. Im Jahr 2023 verringerten die G7-Länder ihren CO2-Ausstoß um 5,31 Prozent , während die sieben größten Schwellenländer (E7, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland, Türkei) einen Anstieg von 0,04 % verzeichneten. Hier sind nach dem im Pariser Abkommen verankerten „Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ vor allem die führenden Industriestaaten in der Pflicht, weniger entwickelte Länder bei der Energiewende finanziell und technologisch zu unterstützen. Der Net Zero Index 2024 zeigt eindrücklich: Die Zeit zum Handeln ist jetzt.

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