„Wir möchten einen Beitrag zu mehr Transparenz über die Nachhaltigkeit im Immobiliensektor leisten“
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Der Immobiliensektor ist einer der größten CO2-Emittenten. Das Frankfurter Beratungs- und Softwarehaus msg for banking hat gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und der BÜSCHL Unternehmensgruppe, einem führenden Projektentwickler in der Metropolregion München, ein Tool entwickelt, das neue Dimensionen der Nachhaltigkeit bei der Bewertung von Immobilien berücksichtigt. Die Projektleiterin seitens msg for banking Prof. Dr. Manuela Ender hat uns im Interview einiges über die Genese und die Zukunftsvision für die Software erzählt.
Zebra-Magazin: Manuela, euer neues Softwaretool geht auf die Projektentwicklung eines großen Neubauquartiers zurück, für das ihr gemeinsam mit euren Partnern den CO2-Fußabdruck und die ökonomische Bewertung kombiniert habt. Worum ging es genau und was war das Ziel?
Manuela Ender: Wir alle kennen dieses Modell der Nachhaltigkeit, das auf den drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales basiert. Unser Ziel war es die beiden Säulen Ökologie und Ökonomie für die Immobilienbewertung zusammenzuführen. Dazu haben wir ein gemeinsames Tool gebaut, das in der Planungsphase den normgerechten CO2-Fußabdruck einer Immobilie über den gesamten Lebenszyklus berechnet und diesen dann mit der ökonomischen Bewertung, zum Beispiel der CO2-Mehrkosten, kombiniert, um über den diskontierten Cashflow der Immobilie ihren Wert über ihren gesamten Lebenszyklus zu erhalten.
Ihr habt das für ein konkretes Neubauquartier berechnet. Das habt ihr aber nicht als Projektaufgabe verstanden, sondern gleich ein eigenes Werkzeug gebaut, das auch anderen zur Verfügung stehen kann. Wie kam es dazu?
Eine reine Beratungsleistung wäre bei diesem wichtigen Thema viel zu kurz gegriffen. Vielmehr wollen wir die Zielgruppe – also zum Beispiel große Projektentwickler, aber auch Architekturbüros und Bauherren oder auch Finanzierer solcher Projekte wie Banken – in die Lage versetzen, solche Planungsrechnungen über den Lebenszyklus selbst durchzuführen. Man kann mit dem Tool zum Beispiel viele verschiedene Bauweisen und Baustoffe berücksichtigen und bekommt einen Eindruck davon, wie groß der ökologische Fußabdruck einer bestimmten Variante ist – immer kombiniert mit der ökonomischen Bedeutung.
Warum ist es so wichtig, den gesamten Lebenszyklus zu betrachten, und warum wurde dies in der Immobilienentwicklung bisher nicht getan?
Bis vor nicht allzu langer Zeit haben Projektentwickler oder Bauherren nur bis zum Verkauf einer Immobilie gedacht, ebenso Banken. Wenn das Finanzinstitut einen Kredit mit zehn Jahren Laufzeit vergeben hat, dann haben sie sich vor allem für diese zehn Jahre interessiert. Was danach kommt, war ziemlich egal. Nach der Nutzungsphase könnte jedoch ein Haufen Sondermüll anfallen, für dessen Entsorgung niemals jemand zuvor die Kosten berücksichtigt hat. Genau das hat sich in den letzten Jahren durch die Idee der Kreislaufwirtschaft massiv geändert. Die Bewertung einer Immobilie wird immer falsch sein, wenn ich nicht von Anfang an – also von der Rohstoffgewinnung über die Nutzungsphase bis zum Rückbau – alle Kosten einpreise, also auch die ökologischen Kosten. Das ist jetzt in der Branche mehr ins Bewusstsein gerückt und deshalb ist es umso wichtiger, dass diese Kosten von Anfang an eingepreist werden, sonst geht die Rechnung am Ende nicht auf.
Von welcher Seite kommt die Bewegung? Ist es der Druck der letzten Immobilienbesitzer, die heute schon wissen, dass sie ihr Haus irgendwann abreißen und entsorgen müssen? Oder setzt bei den Bauträgern die Vernunft ein?
Letztlich ist es jetzt die Regulatorik. Es hat auch mit dem Marketing und dem Außenauftritt der entsprechenden Player in dieser Kette zu tun: Für sie ist ein nachhaltiger Ansatz eine Möglichkeit, Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Vor allem aber geht es um Regulierung, und zwar in zweierlei Hinsicht: Bei einem neuen Quartier in einer Stadt hat zum Beispiel die Politik ein großes Interesse daran, dass die ökologischen Ziele, die die Stadt verfolgt, erfüllbar und quantifizierbar sind. Zweitens spüren die Banken als Kreditgeber für diese Projekte den regulatorischen Druck, Finanzierungen in Anlehnung an die EU-Taxonomie zu vergeben, was dann wiederum die Anforderungen an entsprechende Berechnungen und Daten durch die Kreditnehmer erhöht. Dies kann sich für die Kreditnehmer aber durchaus lohnen: Zahlt das finanzierte Objekt auf die Nachhaltigkeitsziele der Bank belegbar ein, ist diese sicher bereit einige Basispunkte bei den Zinskonditionen nachzugeben.
Zurück zu eurem Planer: Ihr wollt das Tool weiter öffnen. An wen soll sich die Software neben den Projektentwicklern richten?
Im Moment ist es noch eher etwas für Experten der Baubranche. Man muss wirklich sehr viel wissen, um so ein Gebäudemodell entsprechend hochzuziehen. Aber wir möchten das mehr zu einem Standardwerkzeug entwickeln, das auch diejenigen nutzen können, die nicht die absoluten Experten sind, oder für solche Anwender, die nicht neu bauen, sondern eine bestehende Immobilie energetisch modernisieren wollen. Also eine Vielzahl von Bauherren, Kommunen, aber auch die KreditsachbearbeiterInnen in Banken, damit sie diese neue, komplexe Art der Bewertung durchführen können: Ist ein Objekt unter Risikogesichtspunkten richtig bewertet? Passt der ökologische Fußabdruck zu den Finanzierungszielen der Bank?
Worum geht es? Prototyp einer Software zur nachhaltigen Immobilienbewertung
Verfügbarkeit? Für Neubauquartiere gibt es das Tool schon, eine für einen größeren Anwenderkreis geeignete Version ist in der Entwicklung.
Was kostet das? Die Gebühr für das Tool orientiert sich an der Größe des Anwenders.
Was braucht es noch, damit ihr das Tool öffnen könnt?
Bessere Benutzerführung und weitere Standards und Defaultwerte. Ich stelle mir das so vor, dass wie aus einer Bibliothek von Standard-Gebäudemodellen oder Hauptsanierungsmaßnahmen, das Modell für mein jeweiliges Bauvorhaben ausgewählt werden kann, welches am besten passt. Dafür braucht man zum Beispiel weitere Vorgabewerte, damit die Anwender auch dann etwas berechnen können, wenn sie nicht alle Daten zur Verfügung haben. Je weniger Datenpunkte die Anwender vorliegen haben, umso mehr Approximation wird es dann natürlich geben, aber sie sind trotzdem in der Lage, das Tool zu nutzen und interessante Einblicke zu erhalten.
Es klingt nach einem enormen Aufwand, ein einzelnes Projekt in diese nächste Nutzungsphase zu überführen. Wozu der Aufwand?
Der Immobiliensektor ist bekanntlich verantwortlich für einen großen Teil des CO2-Ausstoßes. Immobilien sind ein zentraler Ort für das menschliche Leben. Für die meisten Menschen ist eine Immobilie das Gut, für das sie am meisten Geld in ihrem ganzen Leben ausgeben und dafür die höchsten Kredite aufnehmen. Daher ist das natürlich für die ganze Wirtschaft inklusive Finanzwirtschaft von einer sehr hohen Bedeutung. Wir haben den Bedarf erkannt und möchten einen Beitrag zu mehr Transparenz über die Nachhaltigkeit im Immobiliensektor leisten, indem wir die Säulen Ökologie und Ökonomie stärker miteinander verknüpfen.
Die Fragen stellte Clas Beese.
Beraterin bei Tag, Fintech-Professorin bei Nacht – und ein scharfes Auge für Sustainable Banking: Manuela Ender ist bei msg for banking Fachexpertin für Risikomanagement, Kapitalmärkte und Themen der Banksteuerung. Daneben ist sie als Professorin für FinTech an der IU Internationale Hochschule aktiv. Seit fünf Jahren widmet sie sich dem Bereich Sustainable Banking und der nachhaltigen Immobilienbewertung.