Nachhaltige Geldanlage: Alles Greenwashing oder was?

Sinnvestment. Investieren mit gutem Gewissen. Enkeltauglich Geld anlegen. Nachhaltigkeit in der Geldanlage boomt. Die Slogans mit denen Finanzberater und Fondsanbieter ihre Produkte vertrieben ist groß. Mittlerweile bieten fast alle Banken, Vermögensverwalter und Fondsmanager grüne Produkte an, doch die Gefahr am Ende doch nicht wirklich grün zu investieren ist groß. Wie erkennt man nun aber wirklich grüne Produkte und welche Rolle spielen Siegel und Klassifizierungen.

ESG (Environment, Social, Governance). Drei Buchstaben die in der Finanzindustrie derzeit sehr gerne verwendet werden. Als Anhang an ETFs oder Fonds sollen sie zeigen, dass es sich um nachhaltige und sozial verantwortliche Produkte handelt. Viele Fondsanbieter schaffen sich zudem ihre eigenen Kategorien, wie etwa „ESG-dezidiert“ oder „ESG-integriert“. Das Geschäft mit vermeintlich grünen Produkten läuft gut. In den letzten Jahren wurde immer mehr Geld in als grün-geltende Fonds investiert. Nachhaltigkeit ist für die Anbieter ein boomendes Geschäft.

Ein Blick hinter die Kulissen offenbart allerdings schnell, dass das Label ESG eher als Verkaufshilfe dient, denn als handfester Beweis für die Nachhaltigkeit des Fonds oder auch eines Index taugt es nicht. Ein Beispiel zeigt das deutlich auf. Die Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P) pflegt mit dem S&P 500 einen Index mit den 500 größten US-Unternehmen, die an der Börse sind. Von diesem Index gibt es auch eine ESG-Variante, bei welcher die Unternehmen nach strengen Kriterien gefiltert werden sollen. So, dass nur die „besten“ übrig bleiben. Zu diesen Top-Unternehmen zählt unter anderem der größte US-Ölkonzern Exxon Mobile, der von S&P ein Spitzen-Ranking für Nachhaltigkeit erhält. Anders dagegen der US-Autokonzern Tesla, der aus dem S&P 500 ESG rausgeflogen ist, weil er seine Nachhaltigkeit nicht verbessert hat.

Eine Studie der Nicht-Regierungs-Organisation Finanzwende hat aufgezeigt, wie weit verbreitet Greenwashing ist. In ihrem Fazit schreiben die Autoren der Studie, dass ihre Analysen von in Deutschland „vertriebenen ‚nachhaltigen‘ Fonds zeigen, dass sie weder problematische Sektoren noch unverantwortliche Unternehmen konsequent aus dem Portfolio ausschließen“. Ein Beispiel sind die Anteile der Investitionen in Energieunternehmen. So zeigt sich, dass auch in den als nachhaltig beworbenen Fonds ein starker Fokus auf Öl- und Gasunternehmen liegt.

Das Dilemma weltweit ist, dass es durch einen Mangel an klaren und einheitlichen Definitionen, was eigentlich als nachhaltige Geldanlage gilt, immer einen „Greenwashing“-Verdacht gibt.

Viele Fonds sind nicht nachhaltig obwohl grün drauf steht

Diese einheitliche Definition soll zumindest für die Europäische Union geschaffen werden. Mit der EU-Offenlegungsverordnung wurden erstmal Kategorien für nachhaltige und nicht-nachhaltige Produkte geschaffen. Durch die neue Verordnung soll es erleichtert werden, unterschiedliche Finanzprodukte in den EU-Ländern in Bezug auf ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft miteinander zu vergleichen. Außerdem soll durch die neuen Pflichten sogenanntes „Greenwashing“ verhindert werden. Allerdings gelten einerseits Gas- und Atomenergie nach der Verordnung als „nachhaltig“ und andererseits können die Anbieter ihre Produkte mit der nötigen Begründung selbst einstufen.

Die beiden Vereine „Urgewald“ und „Facing Finance“ haben gemeinsam über 2000 in Deutschland zugelassene Publikumsfonds untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass die neue „EU-Offenlegungsverordnung nicht geeignet für Verbraucher*innen zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Fonds“ ist.

Auch die verschiedenen Finanzsiegel, die Nachhaltigkeit untermauern sollen, sind dabei nicht unbedingt positiv aufgefallen. So sind auch FNG-Siegelfonds unter den am wenigsten nachhaltigen.

Nachhaltigkeit beginnt bei den Anbietern

Woran erkennt man nun als Verbraucher grüne Geldanlageprodukte? In einem ersten Schritt bietet es sich an, den Blick zu weiten und nicht nur auf das angebotene Produkt zu achten, sondern insbesondere den Anbieter in den Fokus zu nehmen. Ein wirklich nachhaltiger Anbieter eines Produktes wird mit höherer Wahrscheinlichkeit auch ein wirklich nachhaltiges Produkt anbieten. Denn Nachhaltigkeit kann nur ganzheitlich funktioniert. Denn was bringt ein nachhaltiges Produkt, wenn das Unternehmen dahinter nicht nachhaltig agiert?

In dem Moment, in welchem Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung Kern der Unternehmens-DNA sind, wird auch Vertrauen in die Produkte geschaffen. Das gilt bei Finanzdienstleistungen (z.B. Evergreen) genauso, wie bei Mode (Patagonia), Lebensmitteln (Share) und allen anderen Produkten. Es gibt auch Negativbeispiele, denn was nützt es der Umwelt einen nachhaltigen Fonds von Blackrock zu erwerben und dadurch indirekt auch deren Engagement in Waffen, Kohle und Regenwald-Abholzung mitzufinanzieren. Denn noch immer ist Blackrock der größte Sponsor von fossilen Energieträgern weltweit. Auch viele große deutsche Anbieter werden immer wieder mit ihren schmutzigen Geschäften konfrontiert.

Greenwashing eindämmen

Immer mehr Anlegerinnen und Anleger wollen mit Sinn investieren, Unternehmen unterstützen deren Ziel nicht die Zerstörung der Lebensgrundlage von uns allen ist. Um das gewährleisten zu können, muss Greenwashing stark eingedämmt werden. Und dafür braucht es mehr Transparenz und einheitliche Regeln. Es muss direkt, für alle klar ersichtlich sein, was drinsteckt. Die Transparenz muss für alle Anbieter von Finanzprodukten gelten, von Fonds bis hin zu den digitalen Vermögensverwaltern. Es sollte immer im Vorfeld schon klar sein, welche Produkte in welchen Portfolien erhalten sind. Auch braucht es ein einheitliches, strenges Label für nachhaltige Geldanlagen, dass Anlegern die Unterscheidung nachhaltiger Geldanlagen ermöglicht. Die drei Kategorien (Artikel 6, Artikel 8 und Artikel 9) der EU-Taxonomie, wenn sie weiterentwickelt wird, können so ein Label werden.

Es ist noch ein gutes Stück Weg zu gehen, bis Nachhaltigkeit in der gesamten Finanzindustrie wirklich angekommen ist. Wer wirklich grün investieren möchte, der muss – Stand heute – zu grünen Anbietern gehen. Und hiervon gibt es zum Glück einige. Von klassischen Instituten wie der der Triodos Bank, der GLS Bank oder auch der Umweltbank über neue Marktteilnehmer wie Tomorrow oder Evergreen.