ESG-Reporting: Prozesse und Kompetenzen nutzen
Für immer mehr Unternehmen gewinnt das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung. Nicht nur, weil es längst in den gesellschaftlichen Fokus gerückt ist und immer mehr Kunden und Investoren darauf achten, wie nachhaltig Unternehmen handeln und wirtschaften. Auch das ESG-Reporting wird für immer mehr Unternehmen relevant: Ab 2025 weitet die EU die Reporting-Pflicht auf Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden und damit auf den Mittelstand aus. An die betroffenen Unternehmen stellen sich damit nicht nur technische Herausforderungen, sondern zunächst einmal die inhaltliche Frage: Wo lässt sich das ESG-Reporting am sinnvollsten im Unternehmen anbinden?
Nachhaltigkeit ist für die Wirtschaft längst nicht mehr bloß ein Marketingsiegel, das sich Unternehmen aus freien Stücken neben den eigenen Markennamen kleben. Spätestens 2017 wurde klar, dass das Thema Unternehmen immer mehr in ihren alltäglichen Prozessen begleiten und zur Pflichtaufgabe wird: Denn mit der Einführung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes waren kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen fortan zur Offenlegung von Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen verpflichtet. Die CSR-Berichtspflicht mündet im ESG-Reporting (Environment, Social, Governance), das bereits für große kapitalmarktorientierte Unternehmen gilt und sukzessive auf einen immer weiteren Kreis ausgedehnt wird. So sind ab 2025 rund 15.000 mittelständische Unternehmen ein ESG-Reporting schuldig, 2027 müssen auch börsennotierte KMU erstmals berichten.
Aspekt der Nachhaltigkeit wird für Konzerne immer wichtiger
Zusammen mit dem Instrument der EU-Taxonomie, das sechs Klimaziele verfolgt (Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung, Schutz von Ökosystemen und Biodiversität), verpflichtet die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) Unternehmen zur Abgabe eines Nachhaltigkeitsberichtes nicht nur mit finanziellen, sondern auch mit nicht finanziellen Inhalten.
Auf diese Weise lassen sich die Wirtschaftsaktivitäten eines Unternehmens hinsichtlich Nachhaltigkeit überprüfen. Unternehmen sollten das Reporting aber nicht nur als lästige Pflichtaufgabe betrachten, sondern auch die Chance dahinter sehen und wahrnehmen: Da immer mehr Kunden und Investoren das Thema Nachhaltigkeit im Blick haben, stärken Unternehmen mit guter Klimabilanz, einer entsprechenden Konzernberichterstattung und dem ESG-Reporting ihre Marktposition. Nachhaltigkeit und Finanzwesen sind in dieser Hinsicht kaum mehr voneinander zu trennen. Die Antwort auf die Frage, an welcher Stelle Unternehmen das ESG-Reporting integrieren sollten, deutet sich daher bereits an: Am naheliegendsten ist es, das Reporting an die Finanzprozesse anzubinden und in die bestehende Konzernberichterstattung aufzunehmen.
Meldewege und Prozesse des Controllings nutzen
Sicherlich kann die Erfassung von ESG-Daten keine originäre Aufgabe des Controllings werden. In Produktionswerken zum Beispiel wird kein Controller künftig die Stromzähler ablesen, um Daten zum Energieverbrauch zu erheben. Für die Erfassung solcher Daten sind in der Regel Energiebeauftragte zuständig, die im Zuge des systematischen Energiemanagements (nach ISO 50.001) benannt werden müssen. Daher erscheint zunächst der Gedanke sinnig, das ESG-Reporting im Bereich Arbeitssicherheit / Health Safety Environment (HSE) aufzuhängen.
Von den Prozessen, die sich an die Erfassung der Daten anschließen, ist HSE aber weiter entfernt als das Finanzwesen. Daher ist es deutlich sinnvoller, den Meldeweg über das Controlling zu gehen, in dem bereits Prozesse zur Datenkonsolidierung und zum Berichtswesen vorliegen. Die Expertise für Finanz- oder auch Managementreports ist im Controlling bereits vorhanden; das ESG-Reporting ist prozessual nicht weit entfernt, weil hier bereits Finanzdaten konsolidiert berichtet werden müssen.
Die Daten für das ESG-Reporting unterscheiden sich zwar von den Angaben, mit denen das Controlling aktuell arbeitet, technisch ist der Unterschied jedoch gering. Zudem sind die Prozesse – Konsolidierung der Daten, Erstellung von Berichten – dieselben. Ein weiterer Vorteil ist auch, dass das Controlling in der Regel als zentrale Organisation aufgestellt ist und Daten aus verschiedenen Unternehmensbereichen konsolidiert – genau das ist für das ESG-Reporting elementar. Das ESG-Reporting im Finanzwesen anzusiedeln bedeutet für Unternehmen daher den geringsten Aufwand.
Tools zur Konzernberichterstattung für ESG-Reporting geeignet
Auch über Tools zur Konsolidierung und Berichterstellung verfügt das Finanzwesen bereits, Unternehmen müssen daher nicht an anderer Stelle Programme einführen und Mitarbeiter im Umgang damit schulen. Viele Unternehmen nutzen Software von SAP wie SAP S/4HANA for Group Reporting, das die Konsolidierung direkt im operativen ERP ermöglicht. Für Kennzahlen außerhalb des Finanzbereichs, zu denen auch die des ESG-Reportings gehören, ist diese Funktion zwar noch nicht vollständig ausgebaut, eine Erweiterung hierzu steht aber an.
Dem Prozess als solchen tut dies keinen Abbruch, denn die Berichtspfade sind im Controlling etabliert und sollten auch jetzt schon für das ESG-Reporting genutzt werden. Solange eine entsprechende Erweiterung im Group Reporting fehlt, kann auch ein Data Warehouse (zum Beispiel SAP BW/4HANA) angebunden werden. Zusätzlich lassen sich Tools wie SAP Sustainability Footprint Management nutzen, mit dem sich der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens berechnen lässt.
Aufgrund der hohen Fluktuation in den Standards zum ESG-Reporting haben sich Softwarehersteller bislang schwergetan mit der Entwicklung eines spezialisierten Tools. Dem Arbeitsprogramm der EU für 2024 ist jedoch zu entnehmen, dass das Reporting deutlich erleichtert werden soll (um 25 Prozent).
Zudem werden die bislang noch unterschiedlichen Standards – in Deutschland sind derzeit die Rahmenwerke der Global Reporting Initiative und der Deutsche Nachhaltigkeitskodex beliebt – in den ESRS (European Reporting Standards) zusammengeführt. Softwarelösungen und Erweiterungen werden daher in absehbarer Zeit erwartet. Diese werden sich von denen für die Finanz- und Managementberichterstattung wohl kaum unterscheiden, Controller werden es daher leicht haben, sich schnell einzuarbeiten. Auch im Hinblick hierauf, ist es deshalb nur logisch, das ESG-Reporting im Finanzwesen zu integrieren.
Fazit
Die Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Finanzwesen wird immer enger, da Kunden und Investoren verstärkt auf Nachhaltigkeit achten. Daher betrifft der Aspekt Nachhaltigkeit immer mehr auch das Berichtswesen. Im Blick auf das ESG-Reporting, zu dem in den kommenden Jahren immer mehr Unternehmen verpflichtet sein werden, ist es daher sinnvoll, bereits vorhandene Schnittmengen zu nutzen, und das ESG-Reporting im Finanzwesen zu integrieren. Das Controlling verfügt zudem über die entsprechenden Kompetenzen und Prozesse. Die Mitarbeiter werden es daher leichter haben, sich in die erwarteten, finanznahen Tools für das ESG-Reporting einzuarbeiten.