Symbolbild bargeldloser Zahlungsverkehr

Bargeld oder Karte: Wie nachhaltig ist unser Zahlungsverkehr?

Die Zahlungsverkehrsbranche bewegt sich in einem Spannungsfeld: Einerseits profitiert sie von der stetig wachsenden Zahl an Transaktionen, die mit unserem Konsumverhalten einhergeht. Andererseits wird der Druck immer größer, nachhaltiger zu agieren. Bargeldloses Bezahlen gilt als komfortabler und effizienter – aber ist es auch umweltfreundlicher als Bargeld? Ein genauer Blick auf die Umweltauswirkungen der beiden Zahlungsarten zeigt, dass die Antwort alles andere als eindeutig ist.

Die Art, wie wir bezahlen, hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Während früher das Portemonnaie mit Bargeld gefüllt war, greifen immer mehr Menschen zur Karte oder zahlen direkt mit ihrem Smartphone. Die Zahlungsverkehrsbranche erlebt dadurch einen Boom. Die Bundesbank-Studie „Zahlungsverhalten in Deutschland 2023“ belegt, dass der Anteil an Transaktionen mit Bargeld weiter zurückgeht. Knapp jede zweite Transaktion wurde 2023 bargeldlos getätigt. Blickt man auf die Umsätze, nimmt das Bargeld mit 26 Prozent den zweiten Platz nach der Debitkarte ein. 2008 wurden noch knapp 60 Prozent der Käufe mit Bargeld beglichen.

Bargeld: Die unterschätzten Kosten einer Tradition

Tortendiagramm: Knapp die Hälfte der Transaktionen erfolgt bargeldlos. Grafik auf Basis von Zahlen der Deutschen Bundesbank.Dennoch ist Bargeld für viele Menschen noch immer der Inbegriff des Bezahlens. Es fühlt sich greifbar an, gibt ein Gefühl der Kontrolle und funktioniert ohne technische Infrastruktur. Doch hinter dieser scheinbar simplen Zahlungsform verbergen sich erhebliche Umweltauswirkungen.

Zunächst sind da die physischen Anforderungen: Banknoten werden aus spezialbeschichtetem Papier hergestellt, das nicht nur Holz, sondern auch Energie und Wasser für die Produktion benötigt. Münzen bestehen aus Metallen wie Kupfer oder Nickel, deren Gewinnung ebenfalls ressourcenintensiv ist. Danach folgt der aufwendige Transportprozess. Bargeld muss von der Druckerei zu den Banken, von dort in Geldautomaten und schließlich zu den Verbrauchern gelangen. Jede dieser Stationen verursacht Emissionen.

Laut Studien liegt der größte Anteil der Umweltbelastung von Euro-Banknoten bei der Stromversorgung der Geldautomaten (37 Prozent) und dem Transport (35 Prozent). Pro Jahr verursacht eine einzige Banknote im Schnitt 4 Gramm CO2 – das entspricht etwa einer acht Kilometer langen Autofahrt.

Bargeldlos bezahlen: Die „grüne“ Alternative?

Im Vergleich dazu erscheint bargeldloses Bezahlen zunächst als die umweltfreundlichere Alternative. Es benötigt keine physischen Rohstoffe wie Papier oder Metall und erfordert keinen regelmäßigen Transport. Doch auch digitale Infrastruktur verbraucht viel Energie. Auf der Liste der emissionsintensiven Aspekte stehen die Kartenterminals. Sie müssen produziert, geliefert, gewartet und entsorgt werden. Die dafür nötigen Ressourcen summieren sich angesichts von 1,4 Millionen Kartenlesegeräten allein in Deutschland schnell auf. Hinzu kommen die Herstellung und der Versand der Plastikzahlkarten, die regelmäßig erneuert werden müssen.

Ein weiterer großer Posten ist der Energieverbrauch der digitalen Infrastruktur selbst. Rechenzentren, die Transaktionen abwickeln, sowie Netzwerke, die Daten übertragen, laufen rund um die Uhr – und das weltweit. Besonders kritisch sind die sogenannten Rebound-Effekte.

Rebound-Effekte: Wenn Effizienz zur Falle wird

Digitales Bezahlen wird von vielen Verbrauchern als bequem, schnell und einfach empfunden. Diese Vorteile haben jedoch einen Haken: Je leichter eine Technologie zugänglich ist, desto mehr wird sie genutzt. Während früher Kleinstbeträge wie der Kaffee beim Bäcker meist bar bezahlt wurden, greift heute fast jeder auch für solche Summen zur Karte oder zum Smartphone. Die Folge ist ein starkes Wachstum der Transaktionszahlen – und damit ein erhöhter Energiebedarf für die dahinterliegende Infrastruktur. Effizienzgewinne, die sich durch den Verzicht auf physisches Bargeld ergeben, werden so wieder aufgezehrt.

SoftPOS: Ein Hoffnungsträger für nachhaltiges Bezahlen

Dennoch gibt es Wege, den ökologischen Fußabdruck des bargeldlosen Bezahlens zu verringern. Eine vielversprechende Innovation  der Zahlungsverkehrsbranche ist das sogenannte SoftPOS. Hierbei wird das Smartphone oder Tablet des Händlers zu einem Kartenlesegerät umfunktioniert. Das reduziert den Bedarf an zusätzlicher Hardware, da keine separaten Terminals mehr benötigt werden. Auch andere Technologien bieten Potenzial: Instant-Payment ermöglicht Überweisungen in Echtzeit, ohne dass zusätzliche Geräte notwendig sind. Zahlungen via QR-Codes oder biometrischen Daten könnten ebenfalls dazu beitragen, den Hardwarebedarf zu senken.

Fazit: Nachhaltigkeit braucht Innovation und Konsequenz

Die Frage, welche Zahlungsform nachhaltiger ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Sowohl Bargeld als auch bargeldloses Bezahlen haben spezifische Umweltauswirkungen. Entscheidend ist, wie die Zahlungsverkehrsbranche auf diese Herausforderungen reagiert.

Durch den Einsatz moderner Technologien wie SoftPOS, die Entwicklung energieeffizienter Rechenzentren und die Optimierung von Produktionsprozessen kann der Zahlungsverkehr umweltfreundlicher gestaltet werden. Doch das allein wird nicht reichen. Verbraucher, Unternehmen und politische Akteure müssen gemeinsam daran arbeiten, nachhaltige Standards zu setzen und konsequent umzusetzen. Nur so kann der Zahlungsverkehr seinen Beitrag zu einer klimafreundlicheren Zukunft leisten – ohne dabei an Komfort und Effizienz einzubüßen.

Autor

  • Porträtfoto von Christine Schön

    Christine Schön ist Strategiereferentin bei VR Payment und seit 2022 Nachhaltigkeitsbeauftragte des Zahlungsspezialisten der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. In dieser Rolle beschäftigt sie sich mit der Corporate Social Responsibility (CSR), der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens. Mit einer Ausbildung zur CSR-Managerin an der Fundraising Akademie Frankfurt und 26 Jahren Erfahrung in der Zahlungsverkehrsbranche bringt sie umfangreiches Fachwissen mit, insbesondere in den Bereichen Produkt- und Projektmanagement sowie nachhaltiges Wirtschaften.

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