Governance

ESG-Regulatorik – Fluch oder Segen? Wird sich noch zeigen!

Für viele Finanzinstitute ist die MaRisk-Novelle ein weiteres Schreckgespenst hin-sichtlich ESG. Denn der Detailgrad ist höher und umfassende ESG-Standards fehlen weiterhin. Doch es gibt auch Vorteile beispielsweise beim Thema Risikomanagement.

Es sind nur drei Buchstaben und doch bringen sie viele in Rage: ESG. Sie stehen für Environmental, Social und Governance. Auf Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Tatsächlich steht hinter ESG eine komplexe Regulatorik. Für bestimmte Abteilungen in großen Unternehmen treibt sie den bürokratischen Aufwand in die Höhe. Aber auch das öffentliche Interesse an Themen wie Nachhaltigkeit steigt und erhöht den Druck auf Unternehmen. In besonderem Maße gilt dies für die Finanzbranche, da Banken in die Verantwortung genommen werden, den grünen Wandel voranzutreiben. Sie sollen eine Schlüsselrolle in der Nachhaltigkeitstransformation spielen. Als Vermittler zwischen den verschiedenen Interessensgruppen halten sie den Geldstrom aufrecht und damit den Wirtschaftskreislauf am Laufen. Fließen in ihre Entscheidungen zu Kreditvergaben, Investitionen und Finanzprodukten ökologische, soziale und ethische Aspekte ein, hat dies einen enormen Einfluss auf die Wirtschaft. Doch neu ist das Thema nicht: In allen Bereichen der Finanzindustrie hat die ESG-Regulatorik beziehungsweise deren Auswirkungen längst zugenommen. Und auch die Diskussion darüber, ob sie Fluch oder Segen ist, hält unvermindert an.

Jede Medaille hat zwei Seiten

Auf den ersten Blick mag es den Banken das Leben schwer machen, ökologische, soziale und ethische Aspekte bei der Entscheidung über Investitionen und Kreditvergaben oder beim Management von Finanzprodukten zu berücksichtigen. Auch wenn sich die erweiterte ESG-Regulatorik größtenteils in die bekannten Berichtsstrukturen über Partner, Geschäftstätigkeit oder Objekte einfügt, ist die intensive Arbeit zu den Nachhaltigkeitsstrategien dennoch mühselig. So ist der Detailgrad ungleich höher, etwa wenn es auf Objektebene um die Geodaten finanzierter Immobilien geht. Darüber hinaus fehlen umfassende ESG-Standards, die eine verlässliche ESG-Datenqualität sicherstellen könnten. Bei aller Mühe lohnt es sich aber umso mehr, bewusst zu bewerten, wie sich die ESG-Faktoren auf das eigene Geschäftsmodell und die Kernaktivitäten auswirken. Denn für viele Finanzinstitute kann die ESG-Regulatorik auch große Chancen bieten.

Von der grünen Transformation profitieren

Vorteile aus den Vorschriften ergeben sich in folgenden drei Bereichen:

  • Beim Risikomanagement profitieren Banken durch eine bessere Vorbereitung. Setzen sich Banken bei Kundenanfragen frühzeitig mit den Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken auseinander, sind sie im Falle einer Krisensituation besser aufgestellt. So können finanzielle Verluste etwa durch Umweltkatastrophen oder soziale Unruhen minimiert werden.
  • Auch für die Kundenbindung sowie die Kundengewinnung spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Mit dem steigenden Interesse der Bevölkerung an diesem Thema, wird es mehr und mehr zum Verkaufsargument. Ein Portfolio, das grüne Kredite, Anleihen und Investmentfonds umfasst, überzeugt bestehende und neue Kunden.
  • Es lockt aber nicht nur Anleger, sondern steigert auch den eigenen Marktwert. Verantwortungsbewusstes Handeln in Bezug auf Umwelt und soziale Belange kann dazu beitragen, das Kundenvertrauen zu stärken. Auch im Wettbewerb um Fachkräfte ist das Thema ein wichtiger Faktor und beeinflusst die Reputation im positiven Sinne.

ESG weder Fluch noch Segen?

Die Frage, ob ESG-Regulatorik Fluch oder Segen ist, kann dennoch pauschal nicht beantwortet werden. Auf der einen Seite ist die Umsetzung für die meisten Unternehmen an-spruchsvoll und erfordert zusätzliche Ressourcen, Aufwand und Kosten. Auf der anderen Seite aber bietet sie auch Chancen und kann zum Gamechanger in der Kundenbindung und -gewinnung werden. Der Knackpunkt liegt in der richtigen Strategie. Ohne diese werden Unternehmen nicht in die Diskussion einsteigen können, da für sie die ESG-Regulatorik ein einziger Fluch sein wird. Mein Tipp: Welche Strategie die richtige ist, wissen die meisten Unternehmen erst am Ende. Wollen sie dies vermeiden, können Unternehmen auf die Erfahrung kompetenter Partner zählen.

Autor

  • Sascha Beck

    Sascha Beck verantwortet als Managing Director das Geschäft mit Banken und Ver-sicherungen für GFT in Deutschland und Österreich. Er war zuvor in leitenden Funktionen bei Atruvia, Wüstenrot & Württembergische sowie der apobank tätig und befasst sich seit vielen Jahren mit Vertrieb, Strategie und IT. Nebenberuflich ist er als Dozent an der Frankfurt School of Finance and Management und der IHK tätig, unter anderem für Bank-BWL und Firmenkundenmanagement.

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